Hallo zusammen,
ich nutze den Thread hier um mich und meinen letztlich eigenen Benz vorzustellen.
Bevor ich den W202 hatte, war ich schon mit einem Kollegen an diversen Projekten mit Stern dran. Ein W123 230E ,der jetzt Schritt für Schritt wieder ganz fit gemacht wird (momentan hauptsächlich Rost und Lenkgetriebe) und schon oft als Hochzeitskutsche eingesetzt wurde. Außerdem benutzte ich den, liebevoll Hans-.Dietrich genannten, um an der Schule den Kids das Schrauben am Auto näher zu bringen. Selbst ohne Werkstatt wurde ihm Hof schon das Öl gewechselt, die Zündkerzen, die Stoßdämpfer und einige der Jungs und Mädels werden, nach diversen Praktika, demnächst sogar eine Ausbildung zum KFZ-Mechatroniker antreten.
Ein 230er Kompressor als SLK 1. Generation, ist durch Fahruntüchtigkeit (nennen wir es beim Namen: TÜV) des W123 "zugelaufen" und bedurfte einer großen Wartung, um technisch wieder in Ordnung zu sein. Dafür war er unschlagbar günstig und hat nach Luftfilter, Zündkerzen, Ölservice, Kompressoröl, wieder seine volle Leistung. Ich habe also durchaus das Benz-Virus in mir. Und zu guter letzt habe ich jetzt auch selbst einen C180 als W202 und nicht nur einen Anteil an dessen verkürzter Bodengruppe. Wie kam ich dazu? Also...
Zum Ende seines Arbeitslebens hat mein Opa beschlossen, sich nach jahrelangem "opeln" den wohlverdienten Ruhestandsbenz zu gönnen. Also ging er 1993 auf Benzsuche. In der Niederlassung Heidelberg ließ er sich für den neuen W202 Infomaterial mitgeben, sein Schwager hatte schließlich den Vorgänger. Das Prospekt mit Visitenkarte des Verkäufers habe ich heute noch. Mit Erlaubnis der "Finanzverwalterin" durfte er sich dann folgendes Fahrzeug konfigurieren, auch hier gibt es noch den original Bestellzettel vom 18.01.1994 beim damaligen Autohaus Söhner in Sinsheim/ Rohrbach.
Mercedes-Benz C180 35.500,00 DEM
Lack: Imperialrot
Innenausstattung: Stoff schwarz
Fahrzeugbrief 7,20 DEM
201 Airbag für Beifahrer 1.290,00 DEM
551 Einbruch und Diebstahlwarnanlage 965,00 DEM
955 Elegance Ausstattung 2.950,00 DEM
538 Antenne automatisch 395,00 DEM
412 Schiebedach Stahl 1.970,00 DEM
591 Wärmedämmendes Glas rundum 440,00 DEM
insg. 43.517,20 DEM
mit 15% MwSt. 50.044,78 DEM
Ausgehandelter Rabatt:
Radio mit Cassette nach Wahl inkl. Einbau ohne Berechnung (wurde ein Blaupunkt Stockholm RCR 42)
Fußmatten ohne Berechnung
1. Zulassung als FFW auf das Autohaus, dadurch erste Inspektion kostenlos (auch belegbar)
Abholung am 01.09.1994 gegen 48.744,77 DEM in bar (damals noch ganz gängig)
Man merkt gleich, worauf diegelegt wurden: Sicherheit und Komfort
Hier habt ihr noch die "offiziellen Dokumente" der Bestellung:
Zuerst füllt dein Kundenberater deine Wünsche aus. Der Weg zum Ersten Benz. Noch 15% MwSt. Das Radio wurde dann doch nicht gewählt.
Das führte dann zum Bestellformular. Die Frühe Bestellung sorgte dafür, dass Infrarot und serienmäßiger Beifahrerairbag + Kopfstützen fehlten. Hätte es Sept. 94 bei Auslieferung schon gegeben.
Aber nur mit Sondervereinbarung! Daher war das Radio obsolet und Opa hat sich eines aus dem dortigen Lager ausgesucht: das Blaupunkt Stockholm mit TIM.
Angezahlt wurde dann am 01.09. nachdem die Lieferung immer weiter verzögert wurde. In bar.
Und zu guter Letzt noch die Rechnung. Heute würde der Restbetrag in bar nicht mehr möglich sein.
Im Laufe der Jahre wurde der Benz recht wenig genutzt. Einkaufen, Kirchgang, Waschanlage und 2-3 mal für Fahrten in den Schwarzwald. Häufiger hat er die Autobahn nicht gesehen. Ein Betrieb ohne Schonbezüge war gänzlich undenkbar, ebenso blieb die Schutzfolie auf den Einstiegsleisten. Außer an der Fahrertür. Die Rückbank wurde nur äußerst selten von den Enkeln benutzt, bei Regen faszinierte uns immer der zappelnde Scheibenwischer.
Insgesamt wurden bis zum Oktober 2014 nur 56.885km zurückgelegt, zwischen TÜV 2013 und Stilllegung gar weniger als 250km. Da er gesundheitlich nicht mehr so fit war, hing er das Autofahren an den Nagel, vorher hatte er schon zweimal das Garagentor mit den Schürzen gestreift und meldete von einem Tag auf den anderen den Benz ab.
Durch die Standzeit verabschiedte sich der Kupplungsgeberzylinder in die Inkontinenz und Opa wollte den W202 zuerst meinem Onkel vermachen. Der wollte aber keinen elitären Benz, mein Cousin fährt Land Rover Defender und so ging der ehrwürdige Wagen dann am mich, mitsamt sämtlicher Historie in Form von TÜV-Berichten, Werkstattrechnungen und einem Ausgabenbüchlein inkl. jeder Tankfüllung und sonst verbauten Verschleißteilen. Warum machte Opa sowas? Ganz einfach: Kraftfahrer. Mit dem LKW mehrere Millionen km gefahren, mit dem Benz nichtmal 60.000.
Nach langem hin und her, da ich eigentlich schon ein Alltagsauto habe, habe ich beschlossen den Benz zu seinem 88. Geburtstag wieder fahrbereit zu machen, was auch geklappt hat! Hier noch ein Bild vor der Aktion:
Als Motivation hatte ich schon im August günstig einen Satz AMG-Styling I in 7,5J X 17 aufgetrieben, da ich sehr günstig an die passenden Gummis in 225/45 R17 kam. Damit blieb mir fast nichts anderes übrig, als den W202 fit zu machen (oder die Felgen an den SLK zu schrauben, der nur die ROD Nachbauten davon hat). Die Batterie war mittlerweile, trotz Erhaltungsladung, verständlicherweise mausetot. Also: neue Batterie, Motoröl, Filter, Kerzen, Luftfilter, Kupplungsgeber und präventiv Nehmer, Bremsflüssigkeit und Werkzeug.
Erstmal das Öl gewechselt mit Filter, dann die Kerzen raus. Ohne Kompression gleich getestet: Motor dreht! Also Kerzen rein, Luftfilter getauscht, Batterie dran. Nach etwas orgeln tatsächlich: er läuft! Opa hat sich schon sehr gefreut, dass sein Benz wieder zum Leben erweckt wurde =) Wenn auch nur stotternd. Im Spritsystem war noch allerhand Krams drin und erst das Anlernen der Drosselklappe schaffte Abhilfe - den Foren sei Dank! Am nächsten Tag wurde dann der Kupplungsgeberzylinder gewechselt und das Auto innen gründlich gesaugt, die Schonbezüge, welche sich schon in Schaumstoff und Stoff zerbröselt hatten, flogen auch weg. Mit dem Tornador noch die Fußmatten und Teppiche gereinigt und den Benz unter Opas Aufsicht an die frische Luft gerollt.
Dort dann für die Entlüftung mit 2 Wagenhebern den Wagen auf 2 Auffahrrampen bugsiert. Entlüften ging von unten her, über einen Schlauch Bremsflüssigkeit mit einer Blasenspritze hochgedrückt, bis im Vorratsbehälter statt Luftblasen Flüssigkeit ankam. Dann wurde es auch Wirklichkeit und es war nicht nur ein Mobil, sondern wieder ein Automobil =) Anschließend dann die erste Wagenwäsche nach viele Jahren. Zu guter letzt kamen noch die neuen Schlappen drauf. Ja, man kann darüber streiten, aber ich finde mit dem Radsatz sieht er einfach noch besser aus. Und der Motorraum wurde nur von Spinnweben befreit
Mitte September folgte endlich die Zulassung! Allerdings nur als Saisonfahrzeug. Der W202 ist nicht gerade für seine Rostresistenz bekannt und ich habe ja nach wie vor einen Peugeot 206 als 1,6 16V mit vernünftigen Winterreifen. Also nur ein Saisonkennzeichen von 03-10. Also konnte es losgehen: Kennzeichen ist wieder verfügbar! Also gleich reserviert, Schilder machen lassen. Im LRA die Anmeldung in die Wege geleitet mit Vorfahrtschein zum TÜV, zu Opa und ab mit dem Benz zum TÜV. Erste Ernüchterung: der Bremslichtschalter hatte sich unheilbar verklemmt und der Haubenentriegler war abgerissen (direkt am roten Plastik). Viel amüsanter: dem GTÜ Prüfer passen die Reifen nicht. Trotz Herstellergutachten von AMG. Das 15 seitige Gutachten ist zu unübersichtlich. Und es geht nicht eindeutig hervor, dass es für das Auto hier tauglich ist. Und hier steht, die Felgen dürfen nicht auf C63 AMG im Bereich von diesen Fahrgestellnummern gefahren werden! Da Fallen sie ja drunter! Am liebsten hätte ich ihn mal belehrt, dass er hier a) einen C180 vor sich hat b) die Fgstnr. komplett zu lesen ist und nicht nur die Endnummern, da der C36 mit 202028 beginnt. Nicht mit 202018. c) beim W202 gab es einen C36 AMG, keinen C63.
Zum Glück ist der nächste Vertragshändler gleich ums Eck, an den Teiletresen, Order aufgegeben: ja, hat er alles da. Dann noch das Gutachten gezeigt. Es sind ja originale Felgen, inkl. Teilenummern. Er schaut es sich an: das ist doch eindeutig. Geh zu dem und dem Prüfer, hier meine Karte. Wenn er es nicht glaubt, soll er gerne anrufen! Also hurtig die Teile getauscht und zurück zur Prüfstelle. Bei einem anderen Prüfer war alles kein Problem, sogar noch der Hinweis, dass ich mit breiteren Felgen sogar 245er auf der Hinterachse fahren darf. Schlussendlich ohne Mängel bestanden und zum LRA zur Zulassung. Und jetzt ist er meins =)
Am Wochenende wurde Opa dann noch standesgemäß von seinen Enkeln zur Geburtstagsfeier chauffiert. Und O-ton: da freut sich mein Herz, dass er wieder so schön dasteht und fährt.
Mission erfüllt!
Ich halte euch auf dem Laufenden und ergänze noch eine Liste der bisherigen Tätigkeiten am Fahrzeug.
viele Grüße!
Johannes