Darf man in Deutschland, ungestraft, Polizisten im Einsatz erschießen?

  • Hallo,


    gerade hörte ich in den heute Nachrichten, dass der Bundesgerichtshof ein Hells Angels Mitglied frei gesprochen hat, das einen Polizisten erschossen hat. Angeblich lag der Sachverhalt der Notwehr vor, weil der Polizist durch die Haustür in das Haus des Mörders eindringen wollte.
    Ich bin entsetzt. Unsere Richter sprechen jetzt schon völlig schamlos und unverdeckt Mörder frei.
    Ich wünsche diesen Richtern das gleiche Schicksal wie dem erschossenen Polizisten.


    Mit polemischen Grüßen
    mario

  • Hi Mario,
    lass Dir gesagt sein, dass man keine Urteilsschelte betreiben sollte, bevor man das Urteil gelesen hat.
    Und zwar den gesamten Tenor UND die Urteilsbegründung.
    Hast Du es gelesen?
    Wenn nein, verbietet sich Kritik daran.
    Und dann noch eine Frage: Weißt Du was Notwehr ist? Und wie sie juristisch wirkt?
    Mein Tipp: Bälle flach halten.
    Grüße
    Stefan, MIT juristischer Vorbildung...

  • Ich kenne zwar das Urteil nicht, muß Stefan aber beipflichten.


    Der Fall ging damals schon groß durch die Medien und die Umstände wurden damals schon groß diskutiert.


    Verbessert mich bitte, wenn ich falsch liege, aber ich meine mich zu erinnern, daß der Polizist durch ein Projektil getroffen wurde, welches durch eine geschlossene Tür drang. Das läßt alle möglichen Rückschlüsse zu, von "er war in einem ungünstigen Winkel" bis hin zu " er hat die Eigensicherung vernachlässigt".


    Um so etwas zu beurteilen, haben wir Fachleute und Juristen.


    Ich kann Deinen Ärger gut verstehen, es hat niemand das Recht, einen anderen Menschen einfach so zu töten (ob Polizist oder nicht, ist völlig egal) und die Justiz ist bei uns in vielen Bereichen einfach viel zu lasch.



    Allerdings finde ich den von Dir gewählten Titel auch ziemlich reißerisch, zumal dann, wenn Du eine vernünftige Diskussion anregen wolltest...


    Gruß,


    Thorsten

  • Also der Fall war schon nicht nach dem Muster: Rocker erschießt Polizist und kommt davon.
    Wie Thorsten richtigerweise sagte, erfolgte der Schuss durch die geschlossene Tür, so dass dem Täter schon mal nicht bewusst war, dass da ein Polizist steht.
    Dann wurden gegen den Täter im Vorfeld Morddrohungen ausgesprochen. Den klitzekleinen Streit Hells Angel vs. Bandidos konnte man ja in den Medien teils mitverfolgen.
    Als dann versucht wurde, die Haustür des Täters aufzubrechen, schoss dieser.
    Klar, er hätte ja erst Mal sehen können, wer sich Zutritt verschafft. Aber in diesen Kreisen könnte das eben der letzte besonnene Moment sein.
    Ich möchte die Tat nicht beschönigen und auch die Frage aufwerfen, warum jemand überhaupt Waffen im Haus hat. (Wenn es nach mir ginge, wären alle Waffen in privater Hand kategorisch verboten, dito Schützenvereine.)
    Aber der Täter handelte in Putativnotwehr, d.h. er ging davon aus, dass ihm jemand ans Leder wollte, obwohl es objektiv nicht so war.
    Und es ist nunmal so, dass man Notwehr üben darf. Das ist richtig und auch gut so.
    Ich finde es ist ein Zeichen für die Stärke unseres Rechtsstaats, dass eben nicht "einfach" ein Rocker in den Knast kommt, wenn er einen Polizisten erschießt, sondern dass er das gleiche Recht genießt wie ein Kleingärtner, der mit dem Knüppel eine Horde Assis vermöbelt, die vermeintlich seine Laube anzünden wollen. Da wäre es juristisch ähnlich gelagert und da würde man den Freispruch begrüßen.
    Und zudem war er nicht wegen Mordes angeklagt, sondern "nur" wegen Totschlags.
    Grüße
    Stefan

  • Stefan hat mal wieder recht :P


    Klar.. insgeheim würde ich nicht um den Typen weinen wenn er im Knast verrottet aber wenn man das objektiv und vorallem juristisch angeht hat das Urteil schon Hand und Fuß. Darüber hinaus kann ich mir nicht vorstellen, dass der Richter das Urteil mit einem Grinsen im Gesicht verkündet hat.


    Und BTW was du da oben schreibst ist einfach nur gehetze auf Bild-Niveau mario

  • Hey,


    ich bin kein Jurist, kann mich nur auf meine Werte und meinen Gerechtigkeitssinn berufen. Eventuell verhält sich dieser schon einmal konträr zu herrschender Rechtsauffassung. Das soll in der Geschichte der Menschheit ja schon öfter mal vorgekommen sein.
    Ein Mensch, der in Brusthöhe durch eine Tür schießt und dabei billigend in kauf nimmt, dass einer von den Menschen, die sich auf der anderen Seite befinden, stirbt, ist für mich nun einmal ein Mörder - auch, wenn sich diese Ansicht hier nicht mit der Auffassung des Gerichts deckt.
    Ich bin mir sicher, dass dem "Parzellenbesitzer" Unverhältnismäßigkeit nachgewiesen werden würde......
    Für mich ist es ein Zeichen von Fäulnis in unserem Rechtsstaat, wenn einem Verbrecher zugebilligt wird, bei vermeindlicher Notwehr einen Polizisten zu töten.


    was du da oben schreibst ist einfach nur gehetze auf Bild-Niveau mario


    Da ich nicht die Bild Zeitung lese, kannst du das wohl besser beurteilen als ich.


    Gruß

  • Das sind dann immer wieder die Momente, wo Rechtsstaat und Demokratie einem sehr weh tun können. Aber da müssen wir durch!

  • Für mich ist es ein Zeichen von Fäulnis in unserem Rechtsstaat, wenn einem Verbrecher zugebilligt wird, bei vermeindlicher Notwehr einen Polizisten zu töten.


    Der Punkt an einer solchen Stelle ist immer, was der mutmaßliche Täter erkennen bzw. annehmen konnte.
    Wenn dieser weiss, dass es ein Polizist ist, dann ist es Mord bzw. Totschlag (einen geziehlten tötlichen Schuss durch eine geschlossene Tür zu unterstellen, wäre wohl etwas zu viel des Guten).
    Wenn er aber plausibel begründen kann, was in diesem Fall wohl der Fall gewesen ist, dass da jemand vor der Tür steht (ein Bandido wohl), der ihn kalt machen will und damit auch nicht lange zögert, dann ist es eben Notwehr.
    Wie würdest du den Fall beurteilen, wenn das kein Polizist gewesen wäre, sondern ein bis an die Zähne bewaffneter Bandido gewesen wäre, der offensichtlich nur ein Ziel gehabt hätte?
    Auch Mord? Oder doch Notwehr? Bei letzterem siehe den ersten Satz.


    Und ja, es ist richtig so, dass auch ein Straftäter noch Rechte hat u.a. das Recht auf Notwehr. Nur weil jemand irgendwo etwas falsch gemacht hat, ist er nicht automatisch ein Gesetzloser mit dem man alles machen darf (das wäre nicht besser, als das was der Verbrecher getan hat).


    gruss

    • Offizieller Beitrag

    Das ganze wird schon wieder polemisch. Auch in meinen Augen ist das Urteil unter all den täglichen Unheilsnachrichten bemerkenswert, und Stefans Satz (vgl. Zitat) trifft es sehr genau. Respekt!


    Gruß Jörg


    Ich finde es ist ein Zeichen für die Stärke unseres Rechtsstaats, dass eben nicht "einfach" ein Rocker in den Knast kommt, wenn er einen Polizisten erschießt, sondern dass er das gleiche Recht genießt wie ein Kleingärtner, der mit dem Knüppel eine Horde Assis vermöbelt, die vermeintlich seine Laube anzünden wollen. Da wäre es juristisch ähnlich gelagert und da würde man den Freispruch begrüßen.