W123 als Alltagswagen kaufen und dem W202 untreu werden?

  • Ich möchte zu dem vorgeschlagenem W123 noch loswerden, dass der erstens 228000km hinter sich hat, die Maschinen dieser Generation so bei ungefähr 300000km ein großes Motorservice notwendig hatten (Kolben/Ringe/Zylinder auf Übermaß, honen, Kopfservice usw). Nicht gerade ein billiger Spaß. Des weiteren ist der Pflegezustand auch fraglich, denn bei km 210000 wurden alle Öle gewechselt - aha, das sind dann 18000 km mit demselben Motoröl. Die Ölwechselintervalle lagen damals bei 10000 / 5000 km (bei "erhöhter Belastung".


    Wenn es Dir ums billige km-Fressen geht und sparsamen Verbrauch und störungsarmen Betrieb, dann lautet auch meine Empfehlung: W201 190D. Billig in Steuer/Versicherung (72PS), Motorlebensdauer jenseits der 600000km, Verbrauch Überland ruhig bei 6 l / 100km, so gut wie keine Elektronik (im Intervall von 15 Jahren mal das Überspannungsrelais austauschen - 30 € und 15min Arbeit), E-Teile an jeder Ecke und billig, wenn Werkstatt notwendig - den kennen alle Mechaniker von Hamburg bis Istanbul in- und auswendig. Und obendrein ein designmässiges Meisterstück des Herrn Sacco. Dafür zumeist ohne Klimaanlage - also eine ziemliches Sauna. (Warum weiss ich das nur??).
    Aktuell werden wir den W201 meiner Frau nun wahrscheinlich doch verkaufen - top in Schuß, gerade mal 184tkm, hellblaumetallic, innen dunkelblau, lange Mittelkonsole in Holz, unverbastelt und original, Unterdruckpumpe, Riemenspanner, Batterie, Querlenker vo, Spurstangen vo, Bremsscheiben rundum, Auspuff neu. Links vo Kotflügel neu (Da hat jemand geradeaus quer über die Strasse ausgeparkt und den getroffen, daher auch kleine Delle an der Fahrertüre, wurde nicht gemacht, da es sonst ein Totalschaden geworden wäre). Pi bis 10/2011 +4Mon. Fzg ist angemeldet und in täglichem Betrieb (Wien).

  • Hi,


    bin bis letztes Jahr noch einen 123er im Alltag gefahren. Leider ist er mir (fahre ihn nun schon 14 Jahre) etwas zu Schade für den Alltag geworden. Die Zuverlässigkeit ist mindestens genausohoch wie beim 124er oder 202er. Meiner hat inzwischen ca. 650tkm auf der Uhr und ich würde mich ohne Bedenken reinsetzten und einmal um den Globus fahren. Solange man bei der Wartung dran bleibt und Reparaturen zeitnah ausführt sind die Dinger bis auf den Rost fast unkaputtbar. Ein OM616 wie im 240D ist ein altes Eisenschwein das stoisch seine Bahn zieht. Ein Bekannter fährt nen 240D/8 mit der Maschine aus dem MB100 (Schrägeinspritzer) im So-Alltag mit 7- 8 Litern.


    Jedoch den von Dir anvisierten 123er würde ich Dir nicht empfehlen - zuviele Ungereimtheiten. Ein guter 123 oder /8 kosten inzwischen schon ordenlich Geld und sind auch nicht an jeder Straßenecke zu finden.


    Wie auch schon mehrfach angesprochen - 20Jahre Entwicklung sind nicht spurlos vorübergezogen. Ein 202er ist in jedem Falle Langstreckentauglicher, jedoch im Kurzstreckenbereich, vor allen Dingen in der Stadt läßt sich mit dem 123er jedoch, da er wesentlich übersichtlicher ist, besser leben. Ein Komfortverzicht muß auch nicht sein. Gab auch damals schon Klima, Fensterheber usw. Nur halt leider etwas seltener. Hab mir bei meinem auch die Klima nachgerüstet und hab erst letztes WE mal wieder ne Runde gedreht - macht einfach fun, wenn nur nicht der Spritverbrauch wäre. Ein 300erTurbodiesel mit Autom. und Klima braucht halt seine 11 +x l/100km, sofern man nicht schleicht und ihn auch mal etwas laufen läßt.


    Aber, wie Du schon selbst festgestellt hast - bleib beim W202 fürn Alltag und höchstens als Drittfahrzeug - Just for Fun den W123



    Gruß



    Jürgen

    250T Turbodiesel, Kl. Mopf 10/96 und 01/97

  • die Maschinen dieser Generation so bei ungefähr 300000km ein großes Motorservice notwendig hatten (Kolben/Ringe/Zylinder auf Übermaß, honen, Kopfservice usw)

    Also das möchte ich als Gerücht stark bestreiten. Wenn man billigstes Öl fuhr und lange nicht wechselte vielleicht, aber ansonsten sind die OM 615 und OM 616 doch bekannt für ein ewiges Leben.
    In privater Hand liefen die oft ohne größere Eingriffe 500.000 km und mehr. Als Taxen haben sie auch mal genullt.
    Bei den Kolbengeschwindigkeiten die der Diesel hat, ist Zylinderverchleiß kein Problem.
    Hub hat er 92,4 mm, Nenndrehzahl ist 4.200. Zum Vergleich: Der 2,2-Liter M 115 hat auch einen Hub von 92,4 und Höchstdrehzahl 6.000. Kolbengeschwindigkeit bleibt beim OM 616 unter 14 m/s.
    Da muss man nicht befürchten, dass der Ölfilm reißt. Und Ölverdünnung wie beim Diesel hat man auch nicht.
    Wenn der Motor nicht standfest gewesen wäre, hätte Mercedes in wohl kaum
    quasi unverändert in ein neues Modell übernommen und wäre der 240 D
    wohl nicht der meistverkaufte 123 geworden.
    Grüße
    Stefan

  • Stefan: Wir hatten einige Taxis (oder eben Taxen für unsere nördlichen Nachbarn) im Einsatz /8er, W123. 200D, 220D und 240D. am Ende dann W124 200D. Ölwechsel bei den OM615 war alle 5000 - 6000km, wurde also wirklich oft gemacht, und die meisten Autos waren rund um die Uhr im Einsatz, lediglich die Nacht von So auf Mo haben wir ausgespart, das brachte mehr kosten als Nutzen. Das Öl war zur damaligen Zeit immer das Shell Rotella. Die Maschinen hielten im Taxibetrieb alle zwischen 300.000 und 370.000 km. Natürlich ist der Umgang eines Chauffeurs mit einem Taxi im Durchschnitt nicht der schonendste, aber bei de facto immer betriebswarmen Motor (Und insgesamt hatten wir über die Jahre, in der wir die Taxis hatten, 16 Autos). Den W124 200D haben wir dann zum Schluß mit 540000km mitverkauft, erste Maschine, zweite WaPu, zweite Steuerkette plus Schienen - und erst die zweite Kupplung (!!!). Da war für mich der Entwicklungsfortschritt ganz klar zu sehen. Eines der alten Taxis war dann mein erster Mercedes (220D /8 mit Lenkradschaltung), gerade mal 640.000km gelaufen und mein Daddy hatte mir den mit frischem Motorservice zur bestandenen Matura überlassen - eine herrliche Trutzburg. Von daher kann ich hier aus meiner persönlichen Erfahrung sprechen - und auch die div. Kollegen in Wien hatten ähnliche km-Leistungen gefahren.
    Ad Kolbengeschwindigkeit: Da hast Du natürlich recht, nur ist die Motorenentwicklung und die Fertigungstechnik in den letzten 40 Jahren ja auch nicht auf dem damaligem Stand eingefroren, da hat sich auch einiges verbessert - und damals war ein Auto mit 200.000 km schon ein seltener Methusalem, ein Mercedes mit 300.000km war gerade mal noch so drin- heute halten die Motoren, Getriebe und was auch sonst sich da noch aneinander reibt, gleitet, rollt oder kugelt sicher länger (OK, lassen wir jetzt mal diverse Nockenwellenprobleme mal aussen vor) - wenn es denn in ansprechender Quaität ausgeführt wurde und nicht die Shareholder-Value-Wi**er entscheiden dürfen... :cursing: :cursing:

  • Hallo Martin,
    also ich habe nie gehört, dass ein Motor aus der Familie OM 61x nur für 300.000 km gut sein soll.
    Deine Erfahrungen sind andere, aber es erscheint mir dennoch komisch.
    Beim /8 wusste man ja oft nicht mal wie oft der Tacho rum war.


    Was Du zur technischen Entwicklung stimmt natürlcih, aber andererseits hat man früher dafür deutlich größer dimensioniert. Schau Dir mal die Kurbelwellenlager des OM 615 im Vergleich zu einem modernen CDi an.
    Und was viel besser wurde sind die Öle.


    Auch wenn Du mit einigen Autos andere Erfahrungen machtest, würde ich ohne zu Zögern mir auch ein Auto mit OM 615/616/617(A) mit mehr als 300.000 km und der ersten unrevidierten Maschine kaufen, weil ich denke, dass die mehr abkönnen.
    Mein 200D/8 hatte auch mehr Kilometer, mein 230 M 115 auch über 300.000.


    Vielleicht sollte man aber auch beachten, dass Taxen meist 95% ihrer Kilometer im Stadtverkehr schruppen. Das ist per se nicht gerade schonend. Ein 240 D der 1980-84 in Vertreterhand 240.000 km auf der BAB lief war sicher bei 300.000 nicht so verschlissen.


    In FFM lief ein 124-Diesel (ich meine 250 TD, war auf jeden Fall ein Kombi) mit 1,4 Mio und Antriebsstrang war noch original.


    Edit: Vielleicht ein Punkt der unsere beiden Erfahrungen unter einen Hut bringt: Betriebstunden. Um 100 km in der Stadt zu fahren benötigt der Motor ca. 2-2,5 Betriebstunden (vielleicht sogar mehr, besonders zur Ruskhour). Um 100 km auf der BAB zu absolvieren benötigt man ca. 1 h (wenn diese halbwegs frei ist). Somit hat man bei 100.000 km bei der Taxe ca. 2.000-2.500 Betriebstunden und beim Langstreckenfahrzeug "nur" 1.000 h. Also mehr als das Doppelte leistete der Motor, ohne dass man das am Tacho ablesen kann.
    Darin dürfte auch das "Geheimnis" bei meinem Auto liegen, dass ich vergleichsweise wenig Reparaturen bei einer vergleichweise großen Strecke hatte (was sich jetzt ja langsam ändert- beides, Streckenprofil und Reparaturaufwand).
    Viele Grüße
    Stefan

    Einmal editiert, zuletzt von Stefan M. ()

  • Hallo Stefan,


    ich glaube, Du hast den Knackpunkt gefunden: die Betriebsstunden. Wir haben uns damals den Spaß gemacht und haben die Durchschnittsgeschwindigkeit mal errechnet (der Taxameter hatte einen Zähler für die eingeschaltete Zeit = Zündungsplus, und aus dem km Zähler haben wir dann die Schnittgeschwindigkeit errechnet.) Es waren sage und schreibe 14 km/h. Da kommen nun mal die "Heizzeiten" im Winter dazu, die Staus usw. Die Autos haben ja nur gaaaanz selten etwas ausserhalb von Wien gesehen.
    OK, dann kommts auf einen Nenner, wie wirklich beide Erfahrungen unter einen Hut zu bringen sind - aber eben die Generation ab W124 hielt DEUTLICH länger...

  • Hallo Flüsterer,
    das hieße ja, dass das Auto für 300.000 km auf der Uhr 21.400 Betriebstunden hatte (bei rund 14 km/h).
    Und wenn man nun andersrum rechnet bedeutet das bei einem Langstreckenauto und einem Schnitt von 80 km/h, dass das einer Laufstrecke von 1.7 Mio Kilometer bei 21.400 Betriebsstunden.
    Wie viele Kilometer man also drauf kriegt dürfte irgendwo dazwischen sein.
    Viele Grüße
    Stefan

    • Offizieller Beitrag

    Wobei man Korrekturwerte für den sehr verschleissfreudigen Kaltstart ansetzen müsste (welchen die Taxen kaum hatten). Ferner halte ich einen 80er-Schnitt auch für Langstreckenautos zu hoch, ich würde auf 60 reduzieren. Also läuft alles wieder auf die Million raus...?


    Gruß Jörg