Vollgas im Gasbetrieb

  • Hallo


    Ich habe 6 Jahre lang einen Ford auf Autogas gefahren und die sind ja, wie allgemein bekannt, überhaupt nicht gastauglich.
    Damit das funzt, mußte ich halt gewisse "Spielregeln" mit Autogas im Ford beachten, was mich dazu führte, mich mal näher mit dem Thema "Autogas LPG" zu befassen. Das ist garnicht so einfach, denn es gibt genug Irrtümer, Stammtischweisheiten und Halbwahrheiten darüber. Es galt herauszufinden, was davon stimmt und was nicht...


    Meine Erfahrungen und Recherchen ergaben folgendes (es kann natürlich sein, daß das nicht alles stimmt, aber mit diesem Wissen habe ich den Fochd fast 200tkm auf LPG bewegt und laufen tut der heute noch wie ne Eins...):


    LPG verbrennt NICHT heißer als Benzin!
    LPG verbrennt aber langsamer, was ab einer gewissen Drehzahl (ca. 4500 - 5000 u/min) zu unvollständiger Verbrennung führt, da das LPG nicht mehr genügend Zeit hat, vollständig und sauber zu verbrennen - Der Motor säuft über Gebühr und die Auslaßventile stehen in einer Feuerfront, da selbige schon öffnen, während die Verbrennung noch mitten am Gange ist...


    LPG zündet schwerer als Benzin (meint man garnicht, gell?), das bedeutet Höchstleistung für die Zündanlage. Das KANN bedeuten, daß man spezielle Zündkerzen für LPG fahren muß. Hängt vom Motor ab, kann man nicht pauschalisieren.


    LPG ist ein sehr trockener Treibstoff, deswegen fehlt den Ventilen jegliche Schmierung am Ventilsitz.


    Der Ventilverschleiß ist am Auslaßventil höher als am Einlaß. Ein Grund steht weiter oben (Hitze), ein weitere ist, daß sämtliche Additive wie Flashlube verbrannt sind und das AV höher belastet ist. Aber das ist es immer, auch bei Benzin. Bei LPG ist diese Belastung aber nochmals höher.



    Soviel zu dem Thema, was LPG in einem Motor so anstellt.
    Wenn man sagt, ein Motor sei LPG-untauglich, meint man damit, daß er weiche Ventilsitze hat (z.B. Ford) und mechanisches Ventilspiel (z.B. wieder Ford, aber auch Andere...) und daß man da sein Augenmerk drauflegen sollte: Flashlube fahren und Ventilspiel im Auge haben). Dann geht das. Oder man hat einen gastauglichen Motor mit gehärteten Ventilsitzen und Hydrostößel (z.B. VW, Mercedes), dann trifft das Genannte freilich nicht zu.


    Aber prinzipiell wirken auch im Mercedes die gleichen Grundsätze bei LPG. Ist halt nur die Frage, ob es ihm was ausmacht oder nicht...



    Was heißt das nun?
    Den Auslaßventilen zuliebe auf hohe Drehzahlen (jedenfalls dauerhaft hohe...) verzichten. Gebt eurem AV etwas Zeit abzukühlen und bearbeitet es nicht ständig mit dem Schweißbrenner (o.g. Verbrennungsverhalten wirkt nämlich genauso). Die EV sind davon nicht betroffen, da sie vom Frischgas ausreichend gekühlt werden.
    Auf eine sauberst (!) eingestellte Anlage achten. Der Motor wird mit LPG schon anders beansprucht als mit Benzin. Daher auf saubere Einstellung achten.
    Fehler im Motormanagement treten bei LPG früher zutage. Kann das Steuergerät z.B. eine schwächelnde Zündanlage unter Benzin noch kompensieren, gibt's bei LPG Störungen.
    Flashlube schadet nicht. Man kann bei einem gastauglichen Motor darauf verzichten, aber es würde ihm auch nicht wehtun, es zu fahren. Möge jeder selbst entscheiden.




    Gruß Torsten


    PS: Ich werde meinen C200 auch wieder auf LPG umrüsten, nur anders als den Fochd. Der Benz kann LPG besser vertragen und ich nehm eine andere Anlage, keine ICOM mehr :crazy: :crazy:

    W202 C200 Classic Selection - Die Alltagssänfte
    Audi Coupe Quattro -
    Das Bubenspielzeug

    "Ja.... Ja wenn das denen so viel Spaß macht, kann man das dann nicht einfach verbieten???"

  • LPG verbrennt nicht "etwas langsamer", sondern zündet etwas schwerer und dehnt sich weiter aus als Benzin. Damit ist es, wenn mans genau nimmt, die perfekte Basis fürs Tuning oder wenn man den Motor dafür auslegt, für hoch effiziente Motoren:) Es gab 2004-2007 zwei bemerkenswerte Umbauten an "alten Opel".
    Einen Calibra turbo mit über 400 PS, bei dem man sich die Klopffestigkeit und den etwas höheren Abgasdruck zunutze gemacht hat. Der Wagen fahrt noch immer und der Motor ist absolut standfest mit dieser Leistung. Es wurden neben dem "normalen Tuning" (Chip, Ladeluftkühler, Ansaugwege, etc.) der Kopf dahingehend bearbeitet, dass auslassseitig die gleichen Ventile wie auf der Einlassseite verwendet wurden (größer und "kühler", da andere Legierung), die Auslass-Nockenwelle dem anderen Zündverhalten angepasst und ein anderer Lader verbaut. Der Calibra braucht mit ~400PS etwa 14kg / 100km und wird mit Drehzahlen bis 7500 Touren gefahren.
    Das hat wenige Jahre darauf den Tuner veranlasst, einen Zafira OPC umzubauen, bei dem das Ziel war, möglichst wenig zu verbrauchen ohne auf Leistung zu verzichten. Der Zafira kommt nun bei 211PS und 340Nm (fährt sich ganz normal) auf 4,5kg LPG / 100km.
    Der Calibra hat inzwischen eine Laufleistung von über 250.000km auf LPG (leidet nur unter Rost und Verschleiss) und der Zafira wurde nach 150.000km leider verkauft, aber ich denke er lebt auch noch immer.


    LPG ist IMHO nur deshalb kein Massenprodukt, da zu wenig dabei verdient wird (Staat, Mineralölkonzerne, Tankstellen,...). Bei uns in Österreich kommen noch Gesetze dazu, die es weiter erschweren (Abgabeverbote innerorts, Nutzungsverbote für Garagen, etc.) und CNG kann sich bei uns nicht durchsetzen, da die Kosten zu hoch sind (auf die Dauer einer durchschnittlichen Kfz-Haltung kommt keine Amortisation zu stande).

  • Was? In Österreich darf innerorts kein LPG getankt werden und man darf nicht in Garagen fahren? Die spinnen die Ösis... :P
    Letzteres ist in Frankreich auch öfter mal der Fall, da hält sich aber exakt niemand dran, außer vielleicht der deutsche Rentner-Tourist hin&wieder.


    Bist du dir bei deinen Opel-Umbauten sicher dass es LPG und nicht CNG war? Du sprichst von kg-Verbrauchswerten wie bei CNG, LPG wird eigentlich immer in l angegeben.
    Dazu finde ich es erstaunlich so etwas mit Verdampfer-Anlagen zu erreichen, LPI's waren zu Calibra-Zeiten noch nicht verfügbar...


    Ansonsten natürlich völlig korrekt, LPG dehnt sich weiter aus, und die Auslassventile werden wg. der höheren thermischen Beanspruchung etwas mehr in Mitleidenschaft gezogen. Dank der gehärteten Ventilsitze an unseren Motoren ist dies aber im Grunde nicht weiter wild, Flashlube kann da gar keine Abhilfe schaffen da es ja längst verschwunden ist wenn es an den AV ankommt. An Stefan M. sieht man ja dass man sich bei einer vernünftig eingestellten Anlage keine großartigen Gedanken über Vollgasfahrten machen muss. Ich gucke hin & wieder mal in meine Anlagenkonfiguration einfach um Magerlauf auszuschließen, hat man diese Möglichkeit nicht ist der Verbrauch sicherlich ein guter Anhaltspunkt. Bei mir waren es 9-10l Super vorher, nun sind's über knapp 25k im Schnitt 11,4l (Streuung von 10 -14l).
    Von Vollgasfahrten hält mich das Gerücht auch nicht ab, wenn ich Gas geben will (was für ein Wortspiel ;) ) dann gebe ich Gas. Gerne auch mal Voll-Pinn bis 220 Bergab oder als Reisegeschwindigkeit 180 bei ca. 5000 U/min auch über längere Strecken.

    Gruß,
    Børner

    20376006eu.jpg

    Zitat

    We are all just monkeys with money and guns.

  • verbrennt nicht "etwas langsamer", sondern zündet etwas schwerer und dehnt sich weiter aus als Benzin


    Doch, tut es. Es verbrennt langsamer. Ob dadurch, dass es schwerer zündet oder langsamer reagiert (das denke ich) ist erst mal egal. Der Effekt für die Ventile wurde ja bereits geschildert. Etwas anfetten des Gemisches kompensiert das teilweise.
    Größere Ausdehung? Wohl kaum, ist der doch durch den Brennraum begrenzt.
    GrusS

  • Sagen wir, der Verbrennungsprozess dauert länger. Durch die andere Dichte gegenüber Benzin und die höhere Flüchtigkeit kann eine bessere Füllung des Brennraumes erfolgen (Eine Benzinzündung erreicht selten alle Enden des Brennraumes mit vollem Energiegehalt, eine Gaszündung sehr wohl). Da gabs mal ein tolles Video der TU (Graz glaub ich), in dem die Verbrennungen als Trickanimation gezeigt wurden. Diesel, Benzin, LPG und CNG. Das war sehr, sehr interessant.