Moin Gemeinde! Nachdem ich vor 6 Wochen ein TÜV-Mängelbericht für meinen W124/220 T bekommen habe, welcher sich wie das Gilgamesch-Epos liest, bin ich nach den Evolutionsstufen "Fassungslosigkeit", "Apathie" und schließlich "Ernüchterung" zum bitteren Entschluss gekommen, mich von meinem Liebling zu trennen. Gerade erst die 300k auf dem Tacho vollgemacht, verdrücke ich viele Tränen anbetracht der letzten 8 Jahre. Dass die Situation vor 8 Jahren - nach der Trennung von meinem W123/300 TD - nahezu die selbe war, tröstet kaum. Noch nie hatte ich ein Fahrzeug, welches den Begriff "Problem" mit lässiger Eleganz aus dem Grundwortschatz tilgt. Gut, ein bissl' durstig war er schon, aber was die Untertürkheimer da so alles an netten Spielereien eingebaut hatten... . Und vor allem - was davon nach 19 Jahren noch alles funktionierte! Es hilft Alles nichts - ein neuer Stern muss her! Mein Haus- und Hof-Schrauber hat mich beschworen, dass der 124-er der letzte gute Benz ist, und dass Alles, was danach kommt, diesem nicht das Wasser reichen kann. Na, das sind ja schöne Aussichten. Aber Schicksal und Fügung verändern bekanntlich die Realität - zumindest in diesem Parallel-Universum. Mein 75-jähriger Dad erzählt mir letzte Woche so nebenbei, dass er sich nochmal einen neuen Benz kaufen will. Das hätte er immer so gemacht, wenn das alte Dingens die 100k voll gemacht hat. Nach einem gedeihlichen Abendessen war dann klar, dass er seinen "Alten" keineswegs in Zahlung geben, sondern an mich abtreten wird. Damit kommt mir also unerwartet ein weiteres Stück Automobil-Geschichte in die Finger. Letztendlich bin ich schon ein wenig froh darüber, dass es kein W210 wird - zu viele schauerliche Geschichten hört man über diese Fahrzeuge. Und zu mehr reicht das Geld nicht. Korrekterweise: Mehr bin ich nicht bereit auszugeben. In meinen fast 30 Jahren unfallfreien Fahrens war das höchste, was ich je für einen PKW bezahlt hatte, ein Betrag von 2.400 Euro. Die niedrigsten Summen waren: Nichts, ein Essen beim Chinesen und ein Kasten Hofbräu. Und in der Reihe dieser rostigen Kübel waren so abenteuerliche Gefährten wie ein Capri 2.3, ein Taunus P3 (vielen auch als "Badewanne" bekannt), ein Trabant 601 (schon mit Duplex-Vorderbremse) und eine Ente. Letztere mit optischer Reiseverlaufskontrolle mangels Bodenblech im Fußbereich. Angekommen bin ich...meistens. Aber was gibt es Schöneres, als mitten in der Provence mit rudimentärem Französisch nach Ersatzteilen für einen Peugeot 205 zu suchen. Der Weg ist das Ziel. Und mit dieser Maxime war ich immer gut aufgehoben. Ich hoffe, dass ich mit meinen nostalgischen Ergüssen und Genüssen niemanden in Tiefschlaf versetzt habe. Aber bei Vorstellungen soll man ja auch ein bissl' schmunzeln können. Was also nun kommt sieht wie folgt aus: W202, 220 CDI Classic, Bj. 1998, 97.000 km, paar Extras, Scheckheft aktuell, keine Lackschäden, kein Rost, immer in der Garage. Umsonst will ich ihn nicht (so eine Art "Ehrenkodex" in unserer Familie), und ich denke, ich werde meinem alten Herrn symbolisch 1.500 Euro in die Hemdtasche schieben und gut is. Er hat definitiv ein völlig anders geartetes Verhältnis zum Stern. Seine Benz' (begonnen mit einem W111 / "Heckflosse") wurden allesamt gehegt und gepflegt, allerdings eher aus ökonomischen Beweggründen. Für mich ist ein Fahrzeug ein teurer Spaß, der einen von A nach B bringt. Mein Bemühen, Schaden von ihm abzuhalten, beschränkt sich auf das Notwendigste und ist - anhängig von der Dauer der Beziehung - eher emotionaler Natur. Also wird auch die C-Klasse bei mir den ersten Tag seiner letzten Amtszeit beginnen. Cheers! plummi