Ledersitzaufbereitung am Beispiel der C43 Bicolor-Ausstattung inkl. Lenkrad

  • Heute mal ganz was anderes.


    Wollte immer schon so eine zweifärbige C43-Garnitur organisieren, da mir die richtig gut gefällt. Flodiho hatte ja schon einmal eine aufbereitet, steht aber nicht allzuviel darüber in seinem Thread.
    Dann kam mir eine halbwegs brauchbare unter, und ich kaufte diese.
    Kommt dann für zwischendurch in den C36.


    Wichtig war mir, dass das Leder nicht allzu große Schadstellen (Löcher, Risse, fehlende Nähte) hatte.
    Egal war mir die natürliche Abnutzung wie Knautschstellen, Schmutz oder Verfärbungen.


    Habe anfangs schon ewig herumgesucht, welches Leder das ist bzw. welche Farbtöne da verwendet wurden.


    Hier eine Einstufung:


    Herstellercode: 588A
    Lederfarbe 1: Anthrazit
    Lederfarbe 2: Silver Metallic
    Lederart: Condor
    Herstellerfarbbezeichung: 7D61
    Verkaufsbezeichung: C43 AMG Bicolor Anthrazit / Silver
    Baujahr meiner Sitze: 9/1999


    Ich dachte immer, dass diese helle Lederfarbe fast weiß wäre. Ist sie nicht, ist ein silbergrauer Farbton.
    Hatte diese ja immer nur auf Fotos gesehen und nie in Natur...


    Dazu gesellte sich auch noch ein schönes AMG-Lenkrad aus dieser Zeit (danke dafür an playaboy!), welches ebenso aufbereitet wurde.


    Die Bestandsaufnahme


    - Stark abgenutze Sitzflächen der Vordersitze
    - Viele Trockenrisse in der obersten Farbschicht des Leders der Sitzflächen vorne, teilweise klaffte es hier richtig
    - Schnitt Sitzfläche Fahrersitz
    - Fahrsitzwange Einstieg
    - Sitzlehnen vorne teilweise im Rückenbereich (bes. Fahrersitz) verfärbt
    - Oberes Mittelteil (oberhalb der MAL) starker Kratzer, nicht allzugroß
    - Lenkrad sehr starker Abrieb und Loch im Leder von ca. 1,5 cm



    Die verwendeten Mittelchen und Werkzeuge


    - Tönungsfarbe für beide Farben
    - Flüssigleder für beide Farben
    - Lederkleber
    - Reinigungsmittel
    - Lederpflege
    - Schwämmchen (für jede Farbe ein eigenen verwenden!)
    - Spatel
    - Pinsel für Korrekturen
    - Küchenrolle (weil sehr saugfähig)
    - Schleifpads (ca. 200er, für jede Farbe ein eigenens verwenden!)


    Anmerkung: Die Farben passten 100%ig, nachdem ich eine Kopfstütze eingesandt hatte. Alles andere wäre nicht ratsam (ohne Farbmuster).


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    Die Aufbereitung


    An dieser Stelle sei nur noch gesagt, dass ich die natürlichen Knautschstellen der Flächen nicht vollkommen mit Flüssigleder gefüllt habe. Es darf ruhig nach Leder aussehen, und nicht nach Plastik oder so.



    Fangen wir mal mit den vorderen Sitzen an, so sind sie angekommen:



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    Zuerst einmal den Schaum gründlich mit der Bürste einreiben (nicht zu nass, eventuell mit der Küchenrolle zwischenabwischen und nochmals drüber), danach mit derselben abwischen und trockenwischen. Hier ein Eindruck, was da alles so herumsifft am Beispiel nur der oberen Fläche der hinteren Armlehne:


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    Dazwischen immer wieder die Bürste spülen, da sammelt sich auch der Dreck - aber wie...!
    Nach der Reinigung anständig trocknen lassen, danach ordentlich anschleifen. Sieht dann so aus:


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    Diesen Riss hier oben habe ich dreimal mit Flüssigleder gefüllt und mit der Spachtel verteilt.



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    Dieser Schnitt wurde mit Lederkleber geklebt, mit Flüssigleder gefüllt und mit der Tönung dann (bevor flächig gearbeitet wird) gefüllter und ein paarmal zwischengeschliffen.



    WICHTIG:


    Wenn wenn Flüssigleder gearbeitet wird, immer SAUBER arbeiten. Nicht herumkleckern. Das lässt sich NICHT SCHLEIFEN.
    Es gibt hier maximal die Möglichkeit, das Leder mit einem Chemiestift oberflächlich abzutragen!



    Dies gilt für Tönung und Flüssigleder:


    Zwischen den einzelnen Arbeitsgängen ordentlich Zeit zum trocknen lassen!
    Man könnte auch mit einem Föhn arbeiten, jedoch habe ich mich für Lufttrocknen entschieden (1-2 Stunden je Arbeitsgang). Es wird mit dem Föhn zwar schneller trocken, jedoch erwärmt sich das Material stark, und man muß es vor jedem weiteren Arbeitsgang auskühlen lassen. Es lassen sich die Mittelchen ansonsten sehr schwer - da es zu schnell antrocknet - verarbeiten und man hat eine Streifenbildung.


    Generell zur Verarbeitungstemperatur: Um die 20 Grad. Zu kalt ist nichts, zu warm ebenso nicht.



    Gut. Nachdem dann das Flüssigleder verarbeitet wurde, den Arbeitsbereich sorgfältig abkleben und ggf. abdecken:


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    Bevor nun mit der Tönung losgelegt wird, diese mal genau unter die Lupe nehmen. Die silbergraue Tönung war sehr dünnflüssig, die anthrazitene Tönung um einiges zäher. Wenn dünn, dann weniger nehmen! sonst gibt es Streifenbildung am Leder. Die Flüssigkeit SEHR GUT schütteln - vor jedem Arbeitsgang - und auf das Schwämmchen auftragen. Das Material zuerst schnell verteilen, danach sorgfältig in kreisförmigen Bewegungen
    verarbeiten.



    ACHTUNG:


    Teilweise trocknet das Zeug schnell an (je nach Temperatur). Ja nicht nach fertigem Areitsgang dort und da nachtupfen - das kann dann Flecken geben.
    Ich hab dann nach ca. 1-2 Stunden das Ganze wiederholt. Je nach Grad der Abdeckung 3 bis 5mal. Man kann die Ledertönung auch nach Trockung zwischenschleifen - ist dann ähnlich wie ein Füller - und erneut drübergehen.


    Glattleder kann gewischt werden - perforiertes Leder eher mit weniger Farbe tupfen, damit sich die Löcher nicht verkleben.



    So siehts dann fertig aus:


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    Und jetzt zum Kratzer.


    Kratzer sind ein wenig langwieriger in den Griff zu bekommen.


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    Ordentlich abschleifen ist hier mal wichtig. Je nach Tiefe des Kratzers kommt hier Flüssigleder - in meinem Fall war die Tönung mit zwischenschleifen ausreichend - zur Anwendung.


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    100%ig ginge es nur weg, wenn man das mit Flüssigleder komplett zuspachtelt. Es geht dann aber die Maserung an dieser Stelle verloren, was ich vorerst einmal nicht wollte.



    Nun die Sitzwange des Fahrersitzes. Hier gilt das Gleiche wie oben.


    Genau abkleben, und von der Klebestelle nach innen arbeiten. Nie in die Abklebung hinein, da ansonsten die Tönung unten reinfläuft, und die Naht färben würde. Nach oben hin einfach beilackieren.


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    Besonders interessant war das Lenkrad. Nachem ich es gereinigt hatte, wollte ich es zum Sattler schicken.
    Dann dachte ich: Egal, Material ist da, versuche es halt...


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    Das Loch im Leder habe ich mit Flüssigleder in ca. 5 Arbeitsgängen gefüllt. Dann wollte ich schleifen, und habs prompt runiert.
    Was passiert: An den Ausläufern rollt sich das dann ein, und man darf es wieder rauspopeln.


    Also nochmal. Jetzt aber nur so weit aufauen, dass es relativ bündig schließt. Restliche Unebenheiten kann man mit der Tönung ausgleichen und jew. zwischenschleifen.
    Das perforierte Leder ausschließlich mit wenig Farbe tupfen. 10 Arbeitsgänge, immer wieder zwischentrocknen lassen. Sollte sich dazwischen ein Pore schließen, kann man mit einem stumpfen Zahnstocher diese wieder öffnen.


    Schaut dann so aus:


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    Das offene (aufgerauhte) Leder am Lenkrad öfter mit zwischenschleifen schließen. Es wird dann wieder schön glatt und greift sich wirlklich an wie fabriksneu.
    Ein zweites Lenkrad hatte ich auch noch da, welches aber nur da und dort nachzutönen war.


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    Technisch waren die Sitze ansonsten in Ordnung, außer die Kopfstütze am Fahrersitz ging nicht. Folge: Kalten Lötstellen an der Printplatte bei den Motorkontaktierungen:


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    War auch schon bei einem der Sitze vom Kompressor...



    So sieht es dann fertig aus:


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    Nach ausreichender Trocknungszeit kann man die Sitze dann auch noch mit Pflegemittel bearbeiten. Glänzt nicht und stinkt auch nicht. Gutes Mittel.



    Freue mich über Fragen und Anregungen bzw. Erfahrungen anderer...



    Grüße
    Elmar

  • Hi Andi!


    Danke!


    Material ca. 180 Euro inkl. Versand hin/retour.


    Verbrauch für diese Aufbereitung:
    Reinigungsmittel 70 %
    Silberton ca. 50 %
    Anthrazit ca. 20 %
    Pflege ca. 50 %
    Flüssigleder: Kaum verwendet, minimal.


    Also einmal noch ginge ohne Probleme.


    Arbeitszeit? Puuhhh.... Habe ich quasi immer so nebenher gemacht, kann ich so nicht genau sagen. Meißtens Abends ein wenig, und so am Wochenende.
    Angefangen hatte ich letzten Freitag Abend und wurde gestern fertig. Also 7-8 Tage so nebenbei...




    lg
    Elmar

  • Wahnsinn. Das ist der Grund warum ein professionelle Aufbereitung viel kostet: die Zeit. Das Ergebnis ist echt Top geworden bei Dir.

  • Schöne Anleitung. Tolles Ergebnis.
    Auf den letzten Bildern wirken die Flächen dann wieder weißer. Warscheinlich, weil sie anfangs speckig glänzend waren.
    Ich wusste auch nicht, dass das Silber ist, dachte auch immer es sei weiß.
    Wenn man sich das anschaut bekommt man glatt Lust sich mal an die eigenen Ledersitze zu machen, aber auch nur solange ich mir die Bilder anschaue und die Arbeitszeit ausblende. :D

  • :thumbup: BiServus Elmar...


    Mal wieder eine Top Arbeit....


    Da Du ja jetzt mit der Deinen fertig bist, komm ich die Tage rum, und stell Dir meine Bi-Colorausstattung zur Aufarbeitung hin. Material hab ich schon da... 8)


    Montag, oder Dienstag schaff ich's wohl nicht, aber Mittwoch Abend könn't ich mal nen kleinen Abstecher nach Österreich machen... 8o bis übernächsten Sonntag solltest aber dann fertig sein, oder...??? :P



    Gruß


    Jürgen

    250T Turbodiesel, Kl. Mopf 10/96 und 01/97

  • Sehr geile Arbeit. Ich hab bis jetzt zwei Lenkräder aufgearbeitet und bin jedes mal erstaunt was Leder alles mit machen und wie gut es hinterher wieder aussieht.
    Das du dieses rießige Loch an dem Lenkrad zubekommen hast find ich krass.


    Eine kleine frage hab ich allerdings doch. Was sind das für Schleifpads? Normale ausm Handel mit einer 200er Körnung und hast du das Leder nass oder Trocken geschliffen?


    Jochen

    Schwarzer Benz, laute Schreie, endlich ist der Boss wieder da ... (Zitat: Kollegah)
    Es zählt nicht was für ein Auto neben dir steht.. Es zählt wie du zu dem Auto stehst!
    Ich konnte aus unerklärlichen GrÜnden in der Schule während der Kommasetzung nicht Geistig anwesend sein..
    Und ich Entschuldige mich für jeden Rechtschreibfehler.. leichte Lese- u. Rechtschreibschwäche!