Hallo Forengemeinde,
anbei habe ich euch mal hier eine kleine Zusammenfassung gemacht, wie ein Reifen aufgebaut ist, funktioniert und arbeitet.
Eine ausführliche Erklärung erhaltet ihr, wenn ihr alle Spoiler öffnet.
Geschichte:
Früher waren die Reifen aus Vollgummi, wurden dann aber sehr schnell in Luftreifen geändert. Diese hatten dann einen Schlauch, wie bei einem Fahrrad. Bis in die 60er wurden noch Schlauchreifen verwendet. Ab da wurden vermehrt schlauchlose (tubeless) Reifen hergestellt.
Ab da änderten sich auch die Reifenbezeichnungen (näheres weiter unten).
Bis in die 80er-Jahre wurden Diagonalreifen verbaut. Ab dortan produzierte man im Pkw-Bereich fast ausschließlich nur noch Radialreifen.
Diagonal-/Radialreifen:
Wie schon geschrieben wurden Reifen bis in die 80er üblicherweise als Diagonalreifen gebaut. Dabei wird die Lage der Gewebeschichten bezeichnet. Seit den 80ern kamen dann immer mehr Radialreifen.
Diagonallagen werden heutzutage nur noch bei Oldtimern, älteren Motorrädern und Traktoren verwendet.
Links ist die Diagonallage und rechts die Radiallage zu erkennen.
Bezeichnungen (Beispielgröße) 195/65 R15 91 H:
- 195 -> Breite in mm
- 65 -> Breite zu Höhe in % - also die Höhe ist 65% von 195mm
- R -> Radialbauweise - Lage der Metallgürtel
- 15 -> Außendurchmesser der Felge und Innendurchmesser des Reifens in Zoll
- 91 -> Tragfähigkeit als Indexzahl
- H -> Geschwindigkeit als Indexbuchstabe
Traglast- & Geschwindigkeitsindex:
Traglastindex:
Indexzahl - Gewicht in kg
82 - 475
83 - 487
84 - 500
85 - 515
86 - 530
87 - 545
88 - 560
89 - 580
90 - 600
91 - 615
92 - 630
93 - 650
94 - 670
95 - 690
96 - 710
97 - 730
98 - 750
99 - 775
Weitere Tabellen unten im Anhang.
Geschwindigkeitsindex:
Indexbuchstabe - Geschwindigkeit in km/h
Q - 160
T - 190
H - 210
V - 240
W - 270
Y - 300
ZR - >240
Weitere Tabellen ebenfalls unten im Anhang
Sommer, Winter- & Allwetterreifen:
Sommerreifen:
Sie sind für Wärme und Geschwindigkeit ausgelegt. Haben meistens wenige Profilrillen, um so viel Kontakt wie möglich mit der Straße zu haben (besonders für sportliche Fahrer ein Vorteil). Die Reifen dürfen nicht unter "winterlichen Straßenbedingungen" gefahren werden.
Die Gummimischung ist etwas härter und somit auf Haltbarkeit ausgelegt.
Winterreifen:
Sie sind für Kälte, Eis und Schnee ausgelegt. Sie dürfen eine niedrigere Höchstgeschwindigkeit als die, die im Fahrzeugschein steht, haben. Gesetzlich gekennzeichnet sind sie mit einem "M+S"-Symbol. Dabei steht die Abkürzung für "Matsch + Schnee" oder auch englisch "Mud + Snow". Gute Qualitätswinterreifen haben zusätzlich noch ein Schneeflockensymbol, das eine bessere Haftung durch einen Test bescheinigt.
Dieses Symbol ist nur zusätzlich, also keine Pflicht.
Billige Chinareifen haben meist nur M+S.
Bei Winterreifen sieht die Lauffläche anders aus wie bei Sommerreifen. Die Profilblöcke haben viele Rillen, die eine Verzahnung mit dem Untergrund (Eis, Schnee) gewähren.
Desweiteren unterscheidet sich die Gummimischung. Sie ist weicher, auch bei niedrigen Temperaturen.
Allwetterreifen:
Die Empfehlung für sogenannte Ganzjahresreifen gibt man für Wenigfahrer an, die in "normalen" Wetterverhältnissen wohnen (keine Berge, kein Extremen). Wenigfahrer in dem Sinne, dass sich 2 Reifensätze nicht lohnen, da man das Profil der Sommer- und Winterreifen nicht komplett nutzt.
Ein Allwetterreifen ist sozusagen ein Winterreifen (besitzt die M+S Kennung) mit einem Hauch Sommer.
7°-Regel/wann Winterreifen?:
Um auch im Winter oder winterlichen Verhältnissen noch einen guten Grip zu haben, sollte man sich im Herbst Winterreifen drauf machen. Der genaue Zeitpunkt kann dabei aber variieren, je nach Temperatur. Deshalb hat die Industrie eine kleine Faustregel "erfunden", die 7 Grad Regel. Sollte es unter diese Marke gehen, Winterreifen drauf. Sollte es im Frühling wieder über diese Marke gehen, Sommerreifen drauf.
Es gibt hier aber einige Diskussionen, ob Winterreifen bei kalten Temperaturen überhaupt von Vorteil sind. Da gehen die Meinungen auseinander. Aber fest steht, dass man mit einem Winterreifen sicherer unterwegs ist, in dem Sinne, falls man vom Winter oder den Cops überrascht wird.
DOT/das Alter eines Reifens:
Um zu erkennen, wie alt ein Reifen ist, prägnieren die Reifenhersteller die Herstellungswoche und das -jahr an die Flanke.
Diese Kennzeichnung gibt es seit den 80ern. Damals noch mit 3 Stellen:
-> 243 (24. Kalenderwoche 1983)
In den 90ern wurde dann ein Pfeil verwendet, der dann das 90er-Jahr kennzeichnet:
-> I>243 (24. Kalenderwoche 1993)
Seit 2000 wurden nun 4-stellige Zahlen verwendet, um nicht für jedes Jahrzent ein neues Symbol zu verwenden:
-> 2413 (24. Kalenderwoche 2013)
Ab einem Alter von ungefähr 7-10 Jahren (je nach Beanspruchung) sollte man Reifen erneuern, weil die Gummimischung aushärtet. Dadurch kommt man schneller ins Rutschen und vorallem auf Nässe verliert man Haftung.
Der richtige Luftdruck:
Damit ein Reifen einen idealen (mit der kompletten Lauffläche auf dem Untergrund aufliegend) Kontakt zur Straße hat, ist der richtige Luftdruck das Wichtigste. Zudem beeinflusst das auch den Kraftstoffverbrauch. Im Tankdeckel unserer 202's wird angegeben (normal, voll):
W202:
- VA 2,1/2,3
- HA 2,3/2,8
S202:
- VA 2,3/2,5
- HA 2,5/2,8
Allerdings ist der angegebene Druck hauptsächlich auf Komfort ausgelegt. Am besten fährt man mit +0,1 oder +0,2 bar mehr.
Im Winter ist aufgrund der niedrigeren Temperaturen zu empfehlen, die Winterreifen mit 0,2 bar mehr zu fahren!
Grund dafür ist, dass physikalisch der Druck pro 10° kälter auch um 0,1 bar sinkt. Damit hätte man bei -20° immer noch den idealen Reifendruck.
Bei zu hohem Luftdruck erhöht sich der Verschleiß in der Mitte, der Kontakt zur Straße wird weniger (gefährlich!).
Bei zu niedrigem Luftdruck erhöht sich der Verschleiß an beiden Außenschultern, diese Außenschultern werden stärker belastet und werden heiß (Gefahr von Reifenplatzern!).
Ich selbst experimentiere bei meiner Sommerbereifung, um den richtigen Druck herauszufinden. Bis zur letzten Saison bin ich 17" gefahren, 225/45 R17 & 245/40 R17. Seit dieser Saison fahre ich 225/40 R18 & 255/35 R18. Beide Bereifungen habe ich (und fahre ich weiter) 2,4 auf der Vorderachse und 2,6 auf der Hinterachse (fahre meistens allein oder zu zweit).
Bisher war ein idealer Abrieb festzustellen. Ich werde weiter berichten.
Reifengas:
Es wird viel für Reifengas (Stickstoff) geworben. Dazu wurden auch Tests durchgeführt mit dem Ergebnis, dass es rein gar keine Vorteile gegenüber der normalen Luft gibt.
Wenn Reifen mit Gas gefüllt sind, werden sie mit einem grünen Ventildeckel gekennzeichnet.
Notlaufeigenschaften:
Es gibt spezielle Reifen, sogenannte Runflat-Reifen, mit denen man selbst drucklos noch begrenzt weiterfahren kann. Dies erfordert jedoch eine Reifendruckkontrolle am Fahrzeug. Denn die Gefahr besteht, dass man bei einem "Platten" diesen gar nicht bemerkt und weiterfährt.
Aquaplaning:
Fährt man zu schnell durch eine tiefe Pfütze, so kann es vorkommen, dass der Reifen das viele Wasser nicht so schnell verdrängen kann - es ensteht Aquaplaning. Der Reifen schwimmt auf dem Wasser auf und hat keinen Kontakt zur Straße. Man kann lenken und bremsen, so viel man will, es tut sich nichts.
Da ist es am besten, das Lenkrad gerade und fest zu halten.
Provoziert wird diese Situation vorallem von zu wenig Profil auf der Lauffläche.
Profiltiefe:
Die meisten Neureifen haben ein Neuprofil von 8-9mm.
Bei Winterreifen/Allwetterreifen empfiehlt man, bei 4-5mm die Reifen zu erneuern,
bei Sommerreifen empfiehlt man 2-3mm.
Die gesetzliche Profiltiefe muss mindestens 1,6mm sein. Dabei ist es dann auch bei Tüv/Polizei egal, ob Winter- oder Sommerreifen, mindestens 1,6mm müssen drauf sein.
Radwechsel, Reparatur & Lagerung:
Im besten Fall wechselt man Räder, wenn das Fahrzeug an einer Hebebühne angebockt ist. Zuhause geht auch ein normaler Rangierwagenheber. Wichtig ist, am richtigen Punkt anzusetzen.
Feststellbremse anziehen!
Bei Klein-, Kompaktwagen ist meistens im Karosseriefalz unten eine Einkerbung oder sonstiges, wo man den Wagenheber ansetzen kann. Bei Mercedes ist das gut gelöst, da sind Gummistopfen, wo man ansetzen kann. Allerdings empfiehlt sich dabei, eine Unterlage (Holz, Hartschaumstoff) dazwischen zu schieben, da sonst die Stopfen kaputt gehen.
Im Kofferraum gibt es auch einen Wagenheber. Dazu muss man seitlich am Schweller die Stopfen herausziehen. Dafür bietet sich der Fahrzeugschlüssel oder ein Schlitzschraubendreher zum Heraushebeln des Stopfens an. In dieses Loch kommt der Wagenheber.
Nachdem man dann das Fahrzeug ca. zur Hälfte hochgebockt hat, löst man die Schrauben, dass sie locker sind (nicht ganz herausdrehen). Das Fahrzeug dann komplett hochbocken, die Schrauben herausdrehen und das Rad abnehmen. Dabei bietet es sich an, Stoßdämpfer, Feder, Gelenke und die Bremsscheiben & -klötze zu prüfen.
Achtet hierbei auf eine Laufrichtung am Fahrzeug. Diese ist an der Reifenflanke angegeben. Optisch ist dies auch an der Lauffläche erkennbar (mit Ausnahme der Bridgestone RE***, diese zeigen gegen die Laufrichtung bei richtiger Montage - da zählt der Pfeil an der Flanke).
Nachdem das neue Rad montiert ist und die Schrauben handfest sind, das Fahrzeug wieder soweit abbocken, dass das Rad den Boden berührt, und mit einem Drehmomentschlüssel 110Nm (zur Sicherheit 120Nm - bei M14 (W204, W169, W211 usw.) 130Nm bzw. 140Nm) alle Schrauben über Kreuz/gegenüber festziehen.
Gleich (auf jeden Fall vorsichtig, ihr habt bis zu einem halben Bar zu wenig Luft in den Reifen) zur nächsten (wenn ihr nicht 1€ zahlen wollt, meidet Shell) Tankstelle fahren und den richtigen Druck einstellen. Nach 50-100km sollte man die Radschrauben nochmals nachziehen.
Aufpassen muss man beim Wechsel von Alu- auf Stahlfelgen, damit man die richtigen Schrauben nimmt. Ansonsten geht hinten die Feststellbremse kaputt.
Ich übernehme keine Verantwortung für Schäden eurerseits, egal was in diesem Text steht!
Lagerung von Reifen:
Am besten lagert man Kompletträder schwebend. Entweder auf einem Felgenbaum (bevorzugt) oder hängend an der Wand.
Lose Reifen am besten stehend lagern und dabei alle paar Wochen drehen.
Es besteht sonst die Gefahr von irreparablen Druckstellen.
Zudem sollte der Raum kühl, trocken und staubfrei sein.
Reparatur von Reifen:
Falls mal ein Nagel im Reifen ist, kann man diesen flicken. Es gibt einserseits die Flickenreparatur, andererseits die Heißvulkanisation.
Beim Flicken darf der Reifen nicht schneller als "H" (also 210 km/h) sein. Dabei wird das Loch geschmiert, der Reifen auf 3,5 bar aufgepumpt und der Flicken hereingestopft.
Bei der Heißvulkanisation wird ein Stück Gummi "hineingebrannt". Da darf der Reifen auch schneller als "H" sein.
Sollte allerdings die Reifenflanke (die Seite) beschädigt oder das Loch auf der Lauffläche größer als 1-2cm (Ausnahme ist die Vulkanisation) sein, so ist ein Tausch des Reifens unumgänglich.
Einsatzgebiete:
- Pkw-Reifen
- Lkw-Reifen
- Offroad-Reifen
- SUV-Reifen
- Motorrad-, Rollerreifen
- Fahrradreifen
- Rennreifen
- Sonstige
Pkw:
- ausgelegt für normale Belastungen
- haltbar
- komfortabel
- sicher
Lkw:
- ausgelegt für hohe Belastungen (Gewicht)
- haltbar
- fast ausschließlich als runderneuert erhältlich
Offroad:
- ausgelegt für etwas erhöhte Belastungen (etwas mehr als Pkw)
- grobstollig
- haftungsstark
SUV:
- ausgelegt für etwas erhöhte Belastungen (etwas mehr als Pkw)
- komfortabel
- haltbar
- auf Allrad ausgelegt
Motorrad/Roller:
- ausgelegt für hohe (Haftung & Geschwindigkeit) und normale Belastungen
- haltbar
- haftungsstark
- Hochgeschwindigkeit
Fahrradreifen:
- ausgelegt für niedrige Belastungen
- hoher Luftdruck
- schmal
- rollwiderstandsarm
Rennreifen:
- ausgelegt für extrem hohe Belastungen
- Hochgeschwindigkeit
- haftungsstark
Sonstige (Kettcar, Spielfahrzeuge):
- ausgelegt für niedrige Belastungen
- haltbar