Qualitätsthread Kühlwassertemperatur und Thermostat

    • Offizieller Beitrag

    Qualitätsthread Kühlwassertemperatur


    Allgemeines/Hinweis in eigener Sache: dieser Qualitätsthread zum Thema Kühlwassertemperatur soll die wesentlichen Probleme und Erkenntnisse zum Thema Kühlwassertemperatur und die entsprechenden Lösungsansätze zusammenfassen, so dass es nicht mehr erforderlich wird, hunderte von Einzelbeiträgen zu durchforsten, um eine passende Lösung zu finden. Ergänzungen, Verbesserungen oder weitergehende Fragen können hier in diesem Thread erfolgen. Ich werde diese sinnvoll integrieren, so dass die Qualität dieser Rohfassung vom März 2013 weiter steigt.


    Auch bitte ich darum, bei Fragen oder konkreten Themen zum Thema Kühlwasser (und insbesondere zum Thema Kühlwassertehrmostat) keinen neuen Beitrag zu eröffnen, sondern Fragen hier in diesem Thread zu stellen, so dass das Wissen zum Thema gebündelt hier steht (und nicht auf viele Einzelthreads mit häufig immer gleichem Inhalt verteilt ist).


    Viel Spass beim Lesen, und vielen Dank im Voraus für Eure konstruktive Mitarbeit.


    Jörg



    Typische Probleme / Fehler:

    • Betriebstemperatur (knapp über 80 Grad Kühlwassertemperatur) wird nicht oder nicht immer erreicht
    • Heizung wird nicht richtig warm
    • Kühlwassertemperatur geht im Sommer und/oder in der Stadt oder bei Stau auf 100 Grad und mehr
    • deutlich erkennbare Temperaturschwankungen zwischen Überlandfahrt und Stadtverkehr (Temperaturanzeige pendelt z.B. zwischen 70 und 100 Grad)


    Grundsätzliche Beschreibung des Kühlsystems:


    Bei der Wasserkühlung werden Zylinderwände und Zylinderkopf (durch spezielle Wasserkanäle) von einer Kühlflüssigkeit umspült. Die Kühlflüssigkeit wird durch die Wasserpumpe umgewälzt. Die Wärme wird über den Kühler (unterstützt durch den Lüfter bzw. Ventilator) abgeführt.


    Das Kühlmittel besteht aus einem Wasser-Frostschutzgemisch (Glykol), welches neben der Frostschutzwirkung auch den Siedepunkt erhöht, das Verkalken verhindert, die Wasserpumpe schmiert und Korrosion im Kühlsystem verhindert.


    Um den Siedepunkt des Kühlwassers auf ca. 120 Grad zu erhöhen, steht das (betriebswarme) Kühlsystem unter Druck. Im Verschlussdeckel des Kühlers bzw. des Ausgleichbehälters sitzt ein Überdruck- und ein unterdruckventil. Das Überdruckventil sorgt für den Druck und öffnet, falls zuviel Wasser aufgefüllt wurde, oder es durch eine Fehlfunktion zum Kochen der Kühlflüssgkeit kommt, womit ein Platzen von Schläuchen oder Wärmetauscher vermieden wird. Das Unterdruckventil lässt beim Abkühlen des Motors Luft in den Ausgleichsbehälter.


    Damit der Motor möglichst schnell seine Betriebstemperatur erreicht, gibt es einen „kleinen“ und einen „großen“ Kühlkreislauf. Bei kaltem Motor trennt das Kühlwasserthermostat den Kühler vom Motor („kleiner“ Kreislauf). Bei betriebswarmem Motor öffnet das Thermostat, und das Kühlmittel zirkuliert auch durch den Kühler („großer“ Kreislauf).


    Das Thermostat öffnet bei rund 87 Grad. Die Kühlwassertemperatur des „großen Kreislaufs“ liegt dann etwa bei 82 Grad. Die Nadel im Anzeigeinstrument sollte im Betriebszustand - egal ob im Sommer oder im Winter - nun knapp über der 80 Grad-Markierung stehen.


    Wird die 80 Grad-Markierung nicht erreicht, oder (insbesondere im Sommer, im Stau oder im Stadtverkehr) die 100 Grad-Markierung überschritten, liegt häufig ein Defekt am Thermostat vor.


    Durch Messtoleranzen und Ungenauigkeiten in der Anzeige kann die Temperaturangabe im Anzeigeinstrument leicht unterschiedlich ausfallen. Wichtig (und Anzeichen für ein korrekt funktionierendes Thermostat) ist die Einhaltung der Betriebstemperatur ohne größere Temperaturschwankungen.



    Ursachen für eine zu hohe oder zu niedrige Kühlwassertemperatur:


    a) Zu wenig Kühlwasser


    b) Thermostat defekt bzw. verkalkt und damit in seiner Funktion beeinträchtigt


    c) Zu viel oder zu wenig Frostschutzmittel im Kühlwasser


    d) Viskolüfter defekt


    e) Kühler „dicht“ (verkalkt)


    f) Wasserpumpe defekt (bringt nicht mehr die volle Umwälzleistung)


    g) Antriebsriemen der Wasserpumpe rutscht


    h) CDI-Motoren: Zuheizer defekt (beachten: der Zuheizer wird erst unter 7 Grad Außentemperatur eingeschaltet und läuft nur bis zu einer bestimmten Kühlwassertemperatur mit)


    i) Sonderfall: zusätzlicher Thermostat des Niedertemperaturkühlers (CDI-Motoren) defekt


    j) Kühlwasser-Verschlussdeckel (oder Ausgleichbehälterdeckel) defekt



    Achtung Verletzungsgefahr:


    Bei Arbeiten am Kühlsystem besteht Verletzungsgefahr, insbesondere durch Verbrennen bzw. Verbrühen. Insbesondere bei warmem Motor steht das Kühlsystem unter Druck und es kann sehr unangenehm sein und üble Verbrennungen verursachen, wenn das unter Druck stehende (über 100 Grad heiße Wasser) beim Öffnen des Systems herausspritzt. Grundsätzlich sollte sichergestellt sein, dass der Druck vorher über den Kühlerverschluss abgebaut wurde.



    Diagnosemöglichkeiten und Abhilfe


    a) Kühlwasserstand im Kühler (Vierzylinder ohne Klima) oder Ausgleichsbehälter prüfen und ggf. nachfüllen (Frostschutzmischung beachten, am besten spindeln – ein einfacher Frostschutzprüfer kostet im Baumarkt nur wenige Euro). Der Kühlmittelstand soll bei kaltem Motor bis zur Markierung im Kühler-Einfüllstutzen (beim Vierzylinder ohne Klima) bzw. bis zur Trennfläche zwischen Ober- und Unterteil des Ausgleichbehälters stehen. Bei warmem Motor steht das Kühlwasser etwa 1cm höher als bei kaltem Motor.


    b) Thermostat wechseln. Die Funktion eines Thermostats, d.h. das korrekte Öffnen und Schließen, kann grundsätzlich im Kochtopf mit einem Thermometer überprüft werden. Da ein neues Thermostat aber nur rund 20…30 Euro kostet, ist der Austausch meistens die sinnvollere Lösung.


    Vierzylinder: Thermostat wird zusammen mit dem Gehäusedeckel ersetzt. Sechszylinder: Thermostat wird separat ersetzt.


    Kurzanleitung Thermostat wechseln:


    Etwas Kühlflüssigkeit (1…2 Liter) an dem kleinen roten Hahn unten am Kühler ablassen (benötigt: großer Schlitzschraubendreher), Hahn wieder schließen, dann die beiden Schläuche vom Thermostatgehäuse abflanschen, drei Schrauben rausdrehen, neuen Thermostat mit neuer Dichtung einbauen. Schläuche anschließen, abgelassenes Kühlmittel wieder einfüllen.



    c) Kühlwasser spindeln, Frostschutzgehalt richtigstellen.


    d) Funktion des Viskolüfters mittels „Zeitungstest“ prüfen (bei über 90 Grad Kühlwassertemperatur versuchen, mit einer zusammengerollten Zeitung den Kühlerlüfter anzuhalten – wenn das geht, ist der Viskolüfter wahrscheinlich defekt – Achtung, Verletzungsgefahr, keinesfalls versuchen, den Lüfter mit der Hand anzuhalten). Defekten Viskolüfter ersetzen -> [Anleitung] Viskolüfter reparieren und hier -> [Anleitung] Viskolüfterkupplungswechsel-Erfolgsmeldung, bebilderte Anleitung hier -> [Anleitung] Motor M111 (C180,C200,C220,C230,C200K,C230K) Viskokupplung erneuern


    e) Prüfen, ob alle Kühlwasserschläuche gleich warm sind. Verkalkten Kühler ersetzen.


    f) Wasserpumpe ersetzen, Anleitung hier: -> [Anleitung] Wasserpumpenwechsel, Automatikgetriebeölwechsel C220 CDI)


    g) Riemen erneuern


    h) Zuheizer instandsetzen


    i) Hintergrund: Der W202 CDI hat einen Wärmetauscher für die Kraftstoffkühlung, der im Rücklauf zum Tank sitzt. Dieser wird über den Niedertemperaturkühler mit kühlem Wasser versorgt, welches dann bei noch geschlossenem Kühlmittelthermostat in den großen Kühler fließt.


    Am Niedertemperaturkühler ist ein zusätzlicher Thermostat verbaut. Der Kühlkreislauf vom W202 CDI hat also zwei (!) Thermostate. Der Niedertemperaturkühler-Kreislauf entzieht dem Motor (Kühlwasser) zusätzlich Wärme, wenn dieser Thermostat zu früh öffnet. Die Teilenummer für den zweiten, speziellen W202 CDI-Thermostat lautet A 005 203 31 75 und kostet bei Mercedes ebenfalls ca. 30 €. Siehe auch Beitrag hier: Niedertemperaturkühler 220CDI : Benötige Hilfe für den Thermostatwechsel


    j) Ist bei betriebswarmen Motor und öffnen des Verschlussdeckels kein Druck auf dem Kühlsystem, ist meist eine Undichtigkeit im System vorhanden oder das Überdruckventil im Deckel defekt. Abhilfe: Verschlussdeckel ersetzen.



    Kühlwassertemperaturim Anzeigeinstrument
    (gilt für den betriebswarmen Motor)


    11278-88484f02.jpg --- 11277-f408f08b.jpg --- 11279-a7175e8c.jpg
    ---Temperatur zu gering------------Temperatur richtig------------------Temperatur zu hoch



    Stand/Änderungsdatum: Rohfassung, Stand 1.3.2013

  • Zuersteinmal ein dickes Dankeschön für die sehr gute Erklärung der Abläufe in den Kühlkreisläufen !!


    Ich finde das sogut erklärt, dass doch jeder damit klarkommen sollte, auch wenn sich Einzelheiten (z.B. Visko- oder elektr. Lüfter/Ventilator) unterscheiden können.
    Mit etwas handwerklichem Geschick kann man sich hier schon viel Geld sparen !!


    Sobald sich für mich mal ein Prob ergibt, welches ich dann auch selbst lösen kann, werde ich das auch in diesem Forum posten. Sollen ja alle was davon haben !


    LG Juergen

    Wenn man das Unmögliche nicht versucht, wird man das Mögliche nicht erreichen !

    Einmal editiert, zuletzt von DJ-Juergen ()

    • Offizieller Beitrag

    So, das schöne Wetter heute Nachmittag ausgenutzt und beim C280 den Thermostat gewechselt - der war schon beim Kauf vor 4 Monaten defekt. Mich an meinen Thread erinnert, und gleich ausprobiert, ob das neue Galaxy S3 auch kühlwasserresistent ist.


    Die Fotos zeigen den Reihensechszylinder C280. Beim Vierzylinder sieht es ein bisschen anders aus, aber vom Prinzip ist es gleich.


    Hier sitzt der Thermostat drin:



    11375-02-thermostatschrauben



    Um das Gehäuse drapiere ich ein paar Lappen, die eventuell austretendes Kühlwasser auffangen. Der Gehäusedeckel lässt sich mit etwas Kraft abhebe(l)n, darunter sieht man den Thermostat.


    &size=mediumOriginalAspectRatio


    Beim C280 Reihensechszylinder kann man den Thermostat einfach herausnehmen. Beim Vierzylinder wird das komplette Gehäuse samt Thermostat gewechselt - bitte beim Vierzylinder nicht den Thermostat rauspopeln, das bekommt man nicht wieder dicht! Wie sieht das beim Kompressor oder V6 aus?


    Der neue liegt bereit. 19 Euro bei TE-Taxiteile, und er wurde sogar mit zwei neuen Dichtungen geliefert (verbaut habe ich aber nur eine).


    &size=mediumOriginalAspectRatio



    Der neue wird einfach nur eingesetzt, und die neue Dichtung sauber in der Nut des Gehäuses verlegt.


    &size=mediumOriginalAspectRatio


    Der Zusammenbau erfolgt dann in umgekehrter Reihenfolge. Kühlwasserstand berichtigen nicht vergessen!


    Gruß Jörg

  • Noch als Kleine anmerkung von mir, das Thermostat so einbauen, das die Entlüftung am Höchsten Punkt sitzt!

    Mit freundlichen Grüssen aus der Sternwarte
    Jens


    Drehmoment - Die Kraft der Drei Liter

  • Normalerweise findet sich zur richtigen Einbauposition bei manchen Fahrzeugen eine Nase, z. B. bei Mercedes Dieseln, OM 60X-Reihe. Das Thermostat läßt sich dann nur ein einer Position einbauen, damit die Entlüftung gesichert ist.
    Übrigens nur als Hinweis - Thermostate findet man auch beim örtlichen Zubehörhändler in Markenqualität von Wähler(original Zulieferer MB), zumindest für die obigen Diesel für unter 10,-€. Vor 2Monaten habe ich für 2 Stück genau 18,95€ bezahlt.


    Gruß


    Jürgen

    250T Turbodiesel, Kl. Mopf 10/96 und 01/97

  • Hallo Jürgen,
    ich meine der Hersteller heißt Wahler, aber das wollte ich nicht loswerden.
    Der Tipp, im Zubehör auf Wahler zu achten ist gut.
    Bei Mercedes kostet das Thermostat 30€ oder so. Ab und zu findet man das von Wahler für 15€ im Zubehör.
    Da die Thermostate alle 3-4 Jahre kaputt gehen, jedenfalls bei mir, lohnt sich auch mal eines auf Lager zu legen.
    Viele Grüße
    Stefan

    • Offizieller Beitrag

    Noch als Kleine anmerkung von mir, das Thermostat so einbauen, das die Entlüftung am Höchsten Punkt sitzt!


    Beim 202 ist das Gehäuse doch waagrecht angeordnet, einen höchsten Punkt gibt es eigentlich doch gar nicht, oder verstehe ich das falsch? Eine Rastnase konnte ich nicht entdecken.


    Gruß Jörg.

  • Hallo ihr Lieben, ich brauche mal wieder eure Hilfe.


    Zu meinem Problem:
    Wenn ich meinen C180, Bj.95, 122 PS, bei Betriebstemperatur selbst bei 10 Grad minus so ca. 30-40 Minuten laufen lasse im Stand, ist meine Temperatur im roten Bereich. Mir ist vor 3 Monaten dabei mal der Kühler förmlich explodiert.
    Kühlflüssigkeit bereits erneuert, ansonsten arbeitet die Kühlung einwandfrei, Heizung ist auch super. Ich habe einige Beiträge gelesen zur Viskokupplung, die habe ich jetzt in Verdacht. Wie kann ich feststellen, ob diese einwandfrei funktioniert?
    Oder hat jemand evtl. noch eine andere Vermutung?
    Ich danke euch schon mal im voraus.



    LG
    Andy

    • Offizieller Beitrag

    Danke fürs Verschieben.


    wenn das Kühlsystem (sprich Thermostat) in Ordnung ist, sollte bei moderaten (d.h. jetzigen) Außentemperaturen auch bei defektem Viskolüfter die Temperatur im Leerlauf nicht in den roten Bereich kommen.


    Mein Tipp an Andy: Kühlwasserstand prüfen, Thermostat auf Verdacht wechseln (halbe Stunde Arbeit, 20 Euro Kosten), anschließend nochmals testen, ob sich die Symptome verändert haben.


    Zeitungstest beim Viskolüfter machen (davor aber FAHREN, nicht nur im Leerlauf laufen lassen), bei Defekt ersetzen, und auch mal die Wasserpumpe prüfen (lassen).


    Gruß Jörg