Mercedes 220 D - Projektaufgabe verkaufen oder weiter machen ?

  • Guten Morgen,


    seit 3 Jahren besitze ich nun diesen alten 220 D

    und komme aus verschiedenen Gründen nicht so recht weiter (Zeit & zuviele andere Hobbyprojekte; 10 Monate Bandscheibenvorfall) -

    trotz der vielfälltigen und netten Hilfe unter anderem aus diesem Forum.


    (siehe dieser Thread: RE: W202 c220 Diesel Bj. startet nicht mehr)


    Jetzt habe ich den Wagen nochmals gründlich sauber gemacht & gewaschen, besorgte Teile durchsortiert und das ganze mal in den bekannten Verkaufsportalen eingestellt und

    "JE...." -wußte nicht das man dermassen mit Anfragen für so ein altes Auto bekommt und eine ziemliche Bandbreite von Humor bis "ruhig & freundlich bleiben" braucht .....

    Da der Wagen an wichtigen Zubehör eigentlich nur eine Klimaanlage hat, wird er bei Verkauf vermutlich in sehr warmer / trockener Umgebung eine neue Heimat finden.


    Duch das Wochenende mit dem Auto komme ich dann doch wieder ins Überlegen, ob ich nicht wieder weiter machen sooll, das Fahrzeug aufzubauen:


    Was spricht dafür:

    - Ich bin ein Fan, vom klassischen Mercedes - Diesel ! Ich mag einfach robuste Technik, die, wenn einmal top überholt, nur regelmäßige, überschaubare Wartung, ÖL(wechsel) und Kraftstoff braucht.

    und mit 176.000 km ist der Motor meiner MB_Dieselerfahrung nach gerade gut eingefahren ....

    - von der Rostseite ist der Wagen meiner Meinung noch super.

    Neben kleinen Stellen (Kofferraumdeckelschloß, Wischwaschdüse Motorhaube) sind die übelsten Stellen in den hinteren Radläufen vorne & unten

    (Steinschlag & Spritzwasser) und kleine Stellen am Schweller im Bereich der Fahrertür - alles aber noch keine rurchgerostetet, großen Stellen).

    - mit Klimaanlage, Durchlademöglichkeit und Anhängerkupplung hat der Wagen die Extras, auf die ich ungern verzichten würde und die für meinen Bedarf die Nutzung angenehm machen.

    - Klar, das ein oder andere muss noch besorgt (Reifen, Batterie, ein Paar Befestigungsclipps) werden und viel Klein-Klein Arbeitszeit wird noch ins Land gehen,

    aber ansonsten habe ich alle (Fahrzeuge)-Teile


    Was spricht dagegen:

    - Solange ich den Motor nicht wieder zum Laufen bekomme, fehlt mir deutlich die Motivation, all die vielen anderen kleineren wie größeren Arbeiten anzugehen.

    - Nach wie vor bin ich der Überzeugung, das das Startproblem nicht an einem schwerwiegenden Fehler (mit notwendigen, teuren Ersatzteilkauf) liegt.

    Aber so richtig fehlt mir der Punkt; wo fange ich mit der Fehlersuche an (Elektrik, Elektronik - Unterdruckleitungen - Dieseleinspritzpumpe ???) Welche Reinfolge ist Unsinn/ bzw. macht Sinn ?

    - Um den W202 so aufzubauen, wie ich ihn gerne hätte ist ´ne Menge Ausbeul und Lackierarbeit notwendig.

    Zwar habe ich die Materialen und einen befreundeten Kfz-Lackieren an der Hand, aber für die angestrebte OldtimerZulassung wird`s viel Arbeit & Zeit brauchen.

    - Mein Alltagswagen ist ein Golf V Benziner mit 125kw und (m.M.) völlig überzüchteter Maschine und einer Elektronik,

    die ich gar nicht schätze ( jedes Jahr mindestens ein Sensor zu ersetzten / Arbeiten im Motorraum ein (Platz-)Albtraum - 1/2 Stunde Komponente lösen, noch 1 Stunde andere Teile aus- & einbauen,

    um das eigentliche Teil aus dem Motorraum herauszubekommen ....).

    Was ich aber an dem Golf schätze, ist die Möglichkeit, mal eben schnell Gas geben zu können, um z.b. für andere wie mich gefahrlos an einer Straßenkreuzung einzufädeln

    oder auf der Autobahn zügig 3 Trucks zu überholen - das ist mit dem W202 eher nicht möglich.



    Also, ich bin hin und her gerissen:

    Einerseits hänge ich an diesem Wagen und habe auch Spaß am Schrauben/Restaurieren (wenn`s Erfolge gibt & mein Rücken mitmacht),

    anderseits verkaufe ich und lege noch was drauf, und suche ohne Zeitdruck einen anderen W202 (Schiebedach & Klima wäre das Sahnehäubchen), spare ich zumindest Arbeitszeit.


    Was meint Ihr ???

  • Wie Du schon trefflich beschreib'st, steckt da ne Menge Arbeit drin, bis der wieder richtig schön ist.

    Man darf sich nix vor machen. Was wirklich Arbeit rein wandert, wirst Du erst erkennen, wenn Du die Baustellen eröffnet hast und wirklich unter den noch vorhandenen Lack, U-Schutz. Der Grad von angerostet bis durchgerostet, ist bei Karosserieblech recht schmal... Weil der Hauptbereich vielleicht noch vorhanden... Es punktuell aber trotzdem durchgerostet ist.

    Bei den Dieseln im 202 ist das Hauptproblem stehts die Kraftstoff Versorgung. Es gibt keine Pumpe, die den Kraftstoff zum Motor fördert, sondern die Pumpen saugen den Kraftstoff von vorne, nach hinten. Gibt es in diesem Vorförderbereich nur eine kleine Undichtigkeit, kann das viel Ärger bereiten. Sprich jeden Schlauch, jede Verbindung, besonders im Motorraum die "Gardenia" - Steckkupplungen können Ärger machen.

    Bei meinem OM605 ist das zwar etwas anders, wie beim OM604 mit Lukas-Pumpe... Aber im Prinzip wäre das Erste... Alle O-Ringe an den Kupplungen erneuern. Dann eine, oder zwei Einspritzdüsen an der Hochdruckleitung zum Entlüften öffnen. Anlasser kurbeln lassen bis Kraftstoff an den Düsen erkennbar austritt. Nicht zimperlich sein. Der Anlasser macht das auch 5 Minuten mit. Meist humpelt er mit den noch geschlossenen Düsen schon halbwegs, dann sollte er laufen. Hab schon zig Dieselmotoren auf die Art schon wiederbelebt.


    Gruß


    Jürgen

    250T Turbodiesel, Kl. Mopf 10/96 und 01/97

  • Aber im Prinzip wäre das Erste... Alle O-Ringe an den Kupplungen erneuern. Dann eine, oder zwei Einspritzdüsen an der Hochdruckleitung zum Entlüften öffnen. Anlasser kurbeln lassen bis Kraftstoff an den Düsen erkennbar austritt. ....

    ich denke, die Dichtungen wurden schon gemacht, deshalb schlage ich zum Ausschluss von angesaugter Luft an Undichtigkeiten die Nutzung eines hochgehängten, belüfteten Behälters vor. Bei Fallkraftstoff kommt an Lecks Kraftstoff heraus und keine Luft hinein.


    Bei der Durchsicht der Unterlagen fand ich in der Beschreibung zur Abstellsteuerung die um einige Sekunden verlängerte Spannungsversorgung "Selbsthaltesteuerung" und für diese gibt es wiederum eine Beschreibung.

    Darin steht, dass bei Systemfehlern an der Abstellsteuerung das Abstellen des Motors auch über die Steuerventile erfolgen kann, die Steuerwelle der EVE hat eine Position "Nullförderung". (ähnlich der uralten Abstellung über Zugseil oder Unterdruckdose an einer ESP).

    Es ist also möglich, dass die EVE elektronisch geregelt auf Nullförderung gebracht wird. Dann kommt kein Kraftstoff an die Düsen, auch wenn das eigentliche Absperrventil offen sein sollte......

    Gruß

    Pendlerrad

  • Hi,

    danke Euch beiden (wiedermal) für die ausführlichen Antworten und Tipps. Ja , richtig - die Kunsttstoffleitung zur ESP wurden am Anfang mit original Teilen ( gibt es überhaupt andere ?) schon ersetzt. Danach (und mehrere Monate Pause schräg aufgebockt) hatte ich ja dieses "Frust"-Problem.

    Ich werde jetzt erst mal vorhandene Unterlagen büffeln und mir dann einen Tank zum hoch aufängen zusammenbauen (in meiner reichhaltigen Sammlung habe ich noch mindestens 2 komplette (auch innen) rostfreie Tanks der Simson Schwalbe KR51/1.

    Neuer-Tank-mit-Benzinhahn-an-Simson-Schwalbe-KR51.jpeg

    Der dürfte ganz ideal sein, da ich dort in die obere Halterung ein kleines Loch zum Aufhängen mit S-Hacken machen kann (dort sitzt dann auch der Tankdeckel/Einfüllstutzen und der Tank dann so sicher senkrecht hängen kann, das der Auslass (mit Abstellhahn und Filter) ganz unten ist. Neben anderen Überprüfungen werde ich dann Eure beiden Tips kombinieren. Mal sehen, was draus wird und Rückmeldung hier im Forum, bevor wieder ein Jahr ins Land geht ....


    Herzlichen Dank nochmals,


    Beste Grüße, Till

  • Aus Sicht eines vor Jahren mit einem 210-Baustellen-Fehlkauf schwer gebrannten Kindes würde ich dir vor allem empfehlen: 1. Kühlen Kopf bewahren, und 2. die Schwachstellen mit sachkundiger Hilfe ( ! ohne geht es nicht) konsequent eruieren - dann gucken, ob man die Mängel mit vertretbarem Aufwand in den Griff bekommt oder nicht.


    Denn...

    seit 3 Jahren besitze ich nun diesen alten 220 D

    ... es gibt Schlimmeres als einen gerade erst eingefahrenen 202-Diesel 8) .


    - Ich bin ein Fan, vom klassischen Mercedes - Diesel ! Ich mag einfach robuste Technik, die, wenn einmal top überholt, nur regelmäßige, überschaubare Wartung, ÖL(wechsel) und Kraftstoff braucht.

    ... als Kontrastprogramm zu dem, was du von dem Golf schreibst, ist mir das auch weitaus sympathischer.

    Gerade gestern spätabends war ich wieder 100 km durchs Ruhrgebiet unterwegs und bin mit meinem vor einem Monat ins H-Alter gekommenen 202-Benziner an zwei liegengebliebenen um Jahrzehnte Jüngeren vorbeigetuckert.


    - von der Rostseite ist der Wagen meiner Meinung noch super.

    Neben kleinen Stellen (Kofferraumdeckelschloß, Wischwaschdüse Motorhaube) sind die übelsten Stellen in den hinteren Radläufen vorne & unten

    (Steinschlag & Spritzwasser) und kleine Stellen am Schweller im Bereich der Fahrertür - alles aber noch keine rurchgerostetet, großen Stellen).

    Rost - nach meinem Eindruck das k.o.-Kriterium Nummer eins beim 202. Deshalb würde ich nach dem Motorproblem hier gucken, was im Argen liegt, und dann konsequent sanieren. Es lohnt sich.


    Nach meinem Eindruck sind auch Schweiß-Notwendigkeiten - wenn es dazu kommen müssen sollte - zwar ärgerlich, aber grundsätzlich erst mal keine Katastrophe.

    Mich hat die Vorstellung vor Jahren auch um den Schlaf gebracht. Heute sehe ich das gelassener - habe aber eben auch einen semi-professionellen Schrauber in Reichweite, bei dem ich mir Rat holen kann. Die Jungs bringen in der Regel mehr Gelassenheit mit, als man sie als Schraub-Laie hat.


    - Um den W202 so aufzubauen, wie ich ihn gerne hätte ist ´ne Menge Ausbeul und Lackierarbeit notwendig.

    Zwar habe ich die Materialen und einen befreundeten Kfz-Lackieren an der Hand, aber für die angestrebte OldtimerZulassung wird`s viel Arbeit & Zeit brauchen.


    In diesem Punkt sollte man sich nicht unter Druck setzen:


    Das eine ist, die Karre wieder ans Laufen zu bringen und Verfallsprozesse (Rost) entschlossen zu stoppen. Das sollte sicher so bald wie möglich passieren.


    Der zweite Schritt dann, das Schätzchen hübsch und sogar H-tauglich zu machen. Teilweise sicher Kosmetik. Das kann man in Ruhe machen.


    Hast du einen Ort, den Wagen trocken und gut belüftet unterzustellen? Idealerweise könnte er dort stehen, und wann immer du Muße und Lust hast, machst du wieder ein bißchen mit ihm weiter.

    Mit Blick auf die Kosten meldest du den 202 dann evtl. zeitweise ab - und ranzt im Alltag währenddessen den Golf runter. Nix für ungut: der ist nicht mehr als ein Gebrauchsgegenstand:


    - Mein Alltagswagen ist ein Golf V Benziner mit 125kw und (m.M.) völlig überzüchteter Maschine und einer Elektronik,

    die ich gar nicht schätze ( jedes Jahr mindestens ein Sensor zu ersetzten / Arbeiten im Motorraum ein (Platz-)Albtraum - 1/2 Stunde Komponente lösen, noch 1 Stunde andere Teile aus- & einbauen,


    Da kann man sich dann überlegen, ob es sich denn nicht auch ein Stück weit lohnt, in ähnlichem Maße Zeit und Aufwand in einen 202-Diesel mit Potential zu stecken.

    Bis so ein Allerwelts-Golf in vielen, vielen Jahren am Ende seiner Wert-Talsohle ankommen wird, wird man mit ihm noch überreichlich Geld verbrennen.

    Der 202 hat die Talsohle schon hinter sich. Er wird zwar auch nie eine Geldanlage - aber möglicherweise denkt man voreilig, 3.000 € in einen Golf V zu stecken, sei sinnvoll - sie in einen gut dastehenden 202 zu stecken, sei hingegen immer ein reines Verlustgeschäft. Da hätte ich so pauschal meine Zweifel. Der 202 bietet viel Auto fürs Geld. Ich kenne jetzt nur den Golf IV, der war hübsch - aber eine Liga drunter.

    Damit es nicht mißverständlich klingt: Natürlich muß man in den Golf V nun mal Geld stecken - aber was man parallel ab und zu in den 202 steckt, ist nicht gleich komplett verbrannt.

    oder auf der Autobahn zügig 3 Trucks zu überholen - das ist mit dem W202 eher nicht möglich.

    ... man kann aber auch gut ohne das LKW-Übersprinten leben. Ist für mich mit meinem C180 Alltag. Besser als flott überholen zu können - und dann (siehe oben) freitagabends gegen halb elf im Nieselregen zwischen Bochum und Gelsenkirchen-Süd liegenzubleiben.


    anderseits verkaufe ich und lege noch was drauf, und suche ohne Zeitdruck einen anderen W202 (Schiebedach & Klima wäre das Sahnehäubchen), spare ich zumindest Arbeitszeit.


    Siehe oben - ich würde das mit der "Arbeitszeit" idealerweise so gestalten, daß es Freude macht - und gar keine "Arbeit" mehr ist.


    Und vor allem: Einen anderen 202 kaufen, schön und gut.

    Aber den mußt du bis aufs Skelett beäugen, um sicherzugehen, daß du einen besseren erwischst als deinen jetzigen. Das macht nicht eben Spaß.

    Gerade beim Rost: Ich habe noch keine Verkaufsannonce gesehen, in der jemand etwa versprochen hätte, er hätte z.B. unter alle vier Innenkotflügel geguckt (denn das tut sich kein Verkäufer an) und dort alles rostfrei vorgefunden.


    Und Schiebedach: Ich liebe das auch heiß&innig und bin froh, daß mein Erbstück eins hat. Aber ich habe genug gelesen von verstopften Schiebedachabläufen und daraus resultierenden Rostnestern in Schwellern, um da bei Gebrauchtkäufen vorsichtig zu sein - auch da weiß man nicht, was man möglicherweise an Rost vor sich hat.


    Das ist also fast immer die Katze im Sack und kann auf ähnlich unliebsame oder noch schlimmere Überraschungen hinauslaufen, als du sie vor dir hast. Die wenigsten haben ihre leider alten Benze so gepflegt, wie die es verdient gehabt hätten.

    Das beinhaltet auch vernachlässigte Klimaanlagen.