Die Legende W123

  • Also:
    Legende eben...
    Da spielt der weißere Schnee von gestern stark mit in den Artikel rein.
    Daß besonders die ersten 123er recht rostanfällig waren (hinterer Radauschnitt), wird verschwiegen.
    Daß man besser keine schweren Sachen hinten in den Kofferraum legt, mussten bei der ersten größeren Bodenwelle die Besitzer an einem Ausbeulen des hinteren Kotflügels erkennen, weil der zu stark gekröpfte hintere Längsträger nach unten knickte.
    Dem OM617 wurde in dem Artikel einfach ein Zylinder angedichtet.
    Der Motor war nur ein 5 Zylinder Treckermotor, der laut und unkultiviert war.
    Das Fahrwerk war mehr als gewöhnungsbedürftig.
    Die Lenkung war für ein übersteuerndes Fahrwerk anfangs viel zu direkt und dem 280E nicht gewachsen.
    Der angepriesenen Vorderachse steckte die Hypothek des S-Klasse Achskopfes in Form einer zu kurzen Spurstange im Leibe.
    Die Aerodynamik war katastrofal, weil der Wagen bei > 160km/h vorne bis zu 60mm ausfederte. Dabei gingen die Räder kräftig in Nachspur und in positiven Sturz....Folge war eine gefährliche Rumeierei.
    Das entging den 200D Fahrern natürlich, weil die nur auf dem Tacho in diese Bereiche kommen konnten. Der wurde nach ein paar Monaten Produktion wegen Beanstandungen der Kunden, der W123 sei langsamer als der W115 mit dem selben OM 615, kräftig getunt.
    Breitere Reifen konnten nur bei Zunahme des Rollradius verbaut werden, was das ABS schwierig machte, deshalb gab es keine Freigabe von Mercedes. Die 14 Zoll 175 Asphaltfräsen wimmerten dann auch logischerweise bei geringster Seitenführung.
    Dank der 14 Zoll war die Bremsleistung auch recht mickrig. Die Festsättel neigten zum Blasensieden. Heutzutage würde sowas verrissen. Damals ertrug es der Fahrer mit Hut und Klorolle auf der hinteren Ablage mit stoischer Ruhe. Die Schräglenker Hinterachse ohne Anfahrmomentenabstützung gepaart mit den weichen Federkernmatratzen hinten zogen den Fondinsassen das Hemd aus der Hose und empfindliche Mägen quittierten das permanente rauf und runter mit Übelkeit...besonders Kinder.
    An einem Rückruf schlidderte man nur knapp vorbei, als bei dem oberen Alulenker der Vorderachse die Rolliernähte undicht waren , das Gelenk verrottete und schlussendlich verabschiedete sich der Kugelzapfen aus dem Lenker. Der Achskopf klappte nach aussen weg und die Feder flog mit geballter Kraft u.U 100m durch die Gegend...
    Tja, so ist das halt mit Legenden.
    Verklärung ist der grösste Teil. :rolleyes:
    Regards
    Rei97


  • und empfindliche Mägen quittierten das permanente rauf und runter mit Übelkeit...besonders Kinder.


    Das kann ich aus eigener Erfahrung nur bestätigen. Wenn wir in den 70ern am Wochenende mit dem 230er Automatik etwas länger durch die Gegend geschaukelt wurden, wurde mir regelmäßig übel.

  • Kann man mal sehen,hatte nen 230C mit Handschaltung und Bj 79.
    Fürn 1000er und nur knapp ein Jahr.
    War schon 370000gelaufen und ein echter Rost/Schrotthaufen.
    Den Schalthebel konnte man ca 30cm im Kreisrühren und er soff wie ein Loch.17L bei meinem Fahrstiel der damals unfein war.
    Aber nur weil er echt gut ging.
    Und nach dem Jahr war der Tüv weg und der hatte wirklich null Chance einen neuen zu bekommen.
    Hab beim Verkauf meine 1000 wiederbekommen.
    Und wenn mich jemand fragt welche Fahrzeuge mir besonders gefallen haben in meinem Leben.
    Der wäre unter den Top 5.

  • Ich habe mir dem Modell insgesamt, 2 Diesel, rund 600.000 km abgespult. Ich war zufrieden. Robustes Fahrzeug. Minimaler Ärger. Kaum Rost. Bequem.
    Man kann ein Auto sinnvollerweise nur mit einem anderen des ungefähr gleichen Bauzeitraums in ungefähr gleicher Preisklasse vergleichen. Und da war der 123er wirklich top. Ein Opel Rekord war billiger zu haben. Aber höchstens halb so beanspruchbar, bequem und sicher.

  • Ich hatte mir 1982 einen 79er 280E gekauft. Gegen das nicken auf der Hinterachse gab´s stärkere Billstein-Dämpfer. Ansonsten kann ich rei97 nur beipflichten. Für viel Autobahnfahrt war der Wagen dank seiner Standfestigkeit aber bestens geeignet und das hat meine Ansicht zu MB geprägt.

  • Mein Opa fuhr vor dem 202 unter anderem einen späten 230E (zugelassen sogar 1985) in 735 - ein geräumiges, für die Zeit sehr gut ausgestattetes Auto (Teillederpolster, Tempomat, Automatikgetriebe, irgendein dickes Blaupunkt mit Schwanenhals, Fuchs-Alus, Schiebedach, Zentralverriegelung - der hatte sicher noch mehr, war zuvor der Dienstwagen eines Bürgermeisters), doch er hat nach zehn Jahren trotz guter Pflege sehr stark gerostet. Ich muss aber einlenken, dass die meisten Autos dieser Zeit ein echtes Rostproblem aufwiesen und der 123er sicher eines der ab Werk besser konservierten Fahrzeuge gewesen ist. Technisch gab es nie Probleme, der 230er war zuverlässig. Wurde dann Mitte der 90er gegen einen BMW 735i E32 eingetauscht, bis sich mein Opa den C180 gekauft hat (der BMW war ihm dann doch zu groß, und mit der örtlichen BMW-Werkstatt hatte er auch so seine Differenzen).


    Ich muss rei97 zum W123 im Allgemeinen aber zustimmen: Der 123er erscheint (wie so vieles) im Rückblick erheblich besser, als er wirklich war. Noch schlimmer ist allerdings die dauernde Lobhudelei auf den 124er. Der war zwar auch ein gutes Auto, aber er ist ganz sicher nicht so gut, wie man überall spricht/liest und meistens nicht ansatzweise die Preise wert, die schon für mittelmäßige Exemplare aufgerufen werden.


    Zitat

    Die Schräglenker Hinterachse ohne Anfahrmomentenabstützung gepaart mit
    den weichen Federkernmatratzen hinten zogen den Fondinsassen das Hemd
    aus der Hose und empfindliche Mägen quittierten das permanente rauf und
    runter mit Übelkeit...besonders Kinder.

    Exakt das kann ich bestätigen!


    Insofern tut es fast schon gut, mal wieder was über den W123 zu lesen... :)

  • Teilleder gab es nie im 123. Das war ordinäres Kunstleder an den Sitzwangen und Serie.
    Ein 85er war das sicher nicht, denn ab 82 waren die Sitze komplett aus Stoff.
    123 ist total überbewertet. Der /8 konnte eigentlich alles besser. Schöner ist er eh, aber vielen gefällt ja der 123. Ich finde den 123 als Auto klasse, hatte zwei, aber auch die häßlichste Mittelklasse die MB je baute. Häßlicher noch als der 210.
    Lenkgetriebe haben notorisch Spiel beim 123.


    Beim 124 muss ich widersprechen. Das ist einfach der beste Mittelklasse-Benz ever.
    Da ist alles perfekt konstruiert.
    GrusS

  • Mein 124er war ein 85er.Den hab ich mit 17 Jahren auf dem Buckel noch gut und völlig Rostfrei verkauft.
    Der wäre auch unter meinen Top 5.
    Da der im gegensatz zu dem 123er ein Einspritzer war hat er auch nur die Hälfte verbraucht.
    Nen /8 hatte mein Freund als Diesel.Das lahmste Auto was ich je fuhr.
    Glaub bei 110 war schluß.

  • Ne, selbst der 200 D/8 lief 130.
    Habe aber jetzt den 280 E. Muss nur (seit 12 Jahren...) komplettiert werden.
    Nächstes Jahr wäre ne gute Gelegenheit.
    Dieses Jahr kostete der Volvo zu viel.
    GrusS